Role Model Angela Reder: Viel Raum für berufliche Entfaltung: Die Geschäftsführungsassistentin arbeitet bei einem großen Logistikunternehmen und hat sich im Nebenberuf einen Traum erfüllt. Auch die Familie kommt nicht zu kurz, dank flexibler Arbeitszeitmodelle bei dem Unternehmen.
Role Model Angela Reder: Viel Raum für berufliche Entfaltung: Die Geschäftsführungsassistentin arbeitet bei einem großen Logistikunternehmen und hat sich im Nebenberuf einen Traum erfüllt. Auch die Familie kommt nicht zu kurz, dank flexibler Arbeitszeitmodelle bei dem Unternehmen. © Frederik Dulay

„Mein Chef holt mich regelmäßig aus meiner Komfortzone“

Seit mehr als 20 Jahren arbeitet die Executive Assistant bei der LGI Logistics Group International GmbH in Herrenberg. Was sie an ihrem Job so schätzt und welchen Traum sie sich in der Elternzeit erfüllt hat, erzählt die Assistentin hier.

Der Mittwoch ist ihr heilig. Da trifft man Angela Reder ganz sicher im Corporate Office an: „Die Kinder sind versorgt und ich kann arbeiten, so lange ich möchte. Es ist mein open-end- Tag.“ Ansonsten entscheidet sie je nach Familien- und Arbeitssituation, wo und wann sie arbeitet, in der Firma, zu Hause oder von unterwegs – „mein Arbeitgeber und mein Chef sind sehr familienfreundlich.“ Für die Executive Assistant ist das ein entscheidender Punkt, der sie bei dem Unternehmen hält, fast 23 Jahre schon, „ich fühle mich hier einfach total wohl.“

Die Aufgaben wurden herausfordernder

2001 hatte sich die damals Zwanzigjährige auf Empfehlung eines Freundes bei dem mittelständischen Logistik-Unternehmen in Baden-Württemberg beworben und brachte eine Berufsausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau mit. „Ich hatte bei einem kleinen Familienbetrieb gelernt und nach dem Abschluss noch ein paar Monate dort gearbeitet. Meine berufliche Zukunft sah ich dort aber nicht.“

Dass es mit der nächsten Bewerbung gleich klappte, war ein Glücksfall, freut sie sich rückblickend, „denn von Logistik hatte ich damals kaum Ahnung.“ Anfangs koordinierte sie Kundenaufträge, kommissionierte Ware, führte die Aufträge zusammen und gab sie ins Lager – und sie entschied sich für eine zweite, berufsbegleitende Fortbildung an der VWA Stuttgart zur Fachkauffrau für Einkauf und Logistik. Ihr damaliger Chef erkannte das Potenzial der neuen Mitarbeiterin und betraute sie immer häufiger auch mit Office-Aufgaben.

Schließlich wurde sie Assistentin der Bereichsleitung Automotive, dann Bereichsleitung Industrial und wechselte 2011 als Assistentin zum Finanzchef – „die Aufgaben wurden zugleich immer herausfordernder und interessanter.“ Sie erinnert sich gern daran, wie sie beispielsweise das regelmäßige Management-Meeting organisieren sollte, für rund 40 Personen – „und die Devise lautete, es soll mal etwas anderes sein.“ Eine Aufgabe ganz nach ihrem Geschmack, „ich habe überlegt, was tatsächlich mal aus der Reihe fallen würde und schließlich einen Kinosaal in Böblingen gebucht.“ Das Meeting wurde ein voller Erfolg, der Chef war begeistert und bis 2019 traf man sich dort jährlich zum Management-Austausch: „Zuletzt waren es rund hundert Leute, und an die Zusammenkünfte erinnern sich die Teilnehmenden nach wie vor sehr gerne.“

Mit Familiengründung kamen neue Ideen

Als Angela Reder 2016 zum ersten Mal Mutter wurde, ging sie in Elternzeit und kehrte anschließend mit geringerer Stundenzahl zurück in die Firma. Bald folgte das zweite Kind und damit eine zweite Elternzeit. Insgesamt war das eine intensive Lebensphase, die einiges auf den Kopf stellt und nicht selten Anlass ist für eine Art Zwischenbilanz; das berichten viele Eltern, die für die Familie vom Job pausieren.

Auch der Geschäftsführungsassistentin ging es so: „Ich hatte schon während der ersten Elternzeit überlegt, dass ich gern mehr machen würde, etwas in Richtung Selbstständigkeit, aber konkret wurden meine Pläne da noch nicht.“ Erst während der zweiten Elternzeit spürte sie deutlicher, dass sie mit der neuen Situation nicht ganz ausgefüllt war. „Ich konnte nicht an meinen ursprünglichen Arbeitsplatz zurück und arbeitete Teilzeit, da war einfach noch Luft für mehr.“

Mit Fortbildungen qualifizierte sie sich für Eltern-Kind-Kurse und bot beispielsweise Spiele-Vormittage an. „Es war einfach naheliegend, sich zunächst mit dem Thema selbstständig zu machen, mit dem ich gerade selber am meisten beschäftigt war.“ Das änderte sich, als die Babyphasen der Kinder hinter ihr lagen und der Job wieder stärker in den Vordergrund rückte. „Ich liebe den Assistenzberuf und habe in dem Bereich einfach viele Kompetenzen und Qualifikationen erworben.“ Sie gründete im Nebenberuf „Lejare – Office-Management & virtuelle Assistenz mit Herz und Verstand“. Gute fünf Jahre ist das jetzt her, und die Idee, neben dem Angestelltenverhältnis noch etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, hat sich bewährt.

„Ich habe nicht den Druck, den ich hätte, wenn die Selbstständigkeit mein einziges Standbein wäre. Ich kann das Auftragsvolumen immer passend zu meinen Job- und Familienaufgaben gestalten.“ Der Arbeitgeber und der Chef sind selbstverständlich informiert, und sie haben gegen diese Form der Selbstverwirklichung ihrer Mitarbeiterin nichts einzuwenden.

Viel gestalten und mitwirken

Für ihren Chef Bernd Schwenger, Vorsitzender der Geschäftsführung bei der LGI Logistics Group International, arbeitet Angela Reder mittlerweile 32 Stunden pro Woche. Zwei ganze Tage und drei halbe Vormittage sind üblicherweise für diese Assistenz reserviert. In der Regel kann sich Angela Reder ihren Arbeitstag so gestalten, wie es für sie gut zu organisieren ist: „Wir versuchen, Termine in diese Zeit zu legen. Wenn das mal nicht geht, bin ich flexibel.“ Voraussetzung dafür ist, dass beide, Chef und Assistentin, auch ohne viele Worte und sehr vertrauensvoll Hand in Hand arbeiten.

Bernd Schwenger erklärt es so: „Angi hört sehr gut zu und versteht extrem schnell, worauf ich hinauswill. Sie geht die Themen proaktiv an und riskiert etwas, anstatt abzuwarten, was der Chef sagt. Besonders zu erwähnen ist ihre innere Motivation, unnötige Arbeit durch digitale Lösungen abzustellen.“ Neben dem fixen Mittwoch im Firmenbüro gibt es regelmäßige Jour Fixes per Mail oder Teams, und viele Aufgaben erledigt die heute 43-Jährige längst in Eigenregie. Zum Beispiel für die vielen Business-Termine ihres Chefs, intern und extern: „Dann erarbeite ich selbstständig die dafür notwendigen Folien, zeige sie ihm und frage, ob er noch etwas ergänzt haben möchte.“

Von der reinen Auftragsarbeit, wie es früher in der Assistenz noch üblicher war, habe sich der Beruf weitgehend verabschiedet, freut sie sich: „Ich kann da, wo ich bin, sehr viel gestalten und mitwirken. Ich glaube, dass ich meinen Chef in seinen Entscheidungsgrundlagen gut unterstütze.“

Der Chef fordert und fördert

Dass sie dabei sogar öfter mal über ihren Schatten springen muss, um aus der zweiten Reihe einen Schritt nach vorn zu gehen, findet sie gut: „Mein Chef überlässt mir Aufgaben, an denen ich wachse, und nicht selten traut er mir mehr zu als ich selbst.“ Ende letzten Jahres gab es so eine Gelegenheit, als Angela Reder im Rahmen eines großen Online-Meetings die Change-Strategie des Unternehmens erklären durfte, an der sie selbst engagiert mitarbeitet: „Das hat mich definitiv aus meiner Komfortzone herausgeholt. Mein Chef hat das Meeting eröffnet und dann kam auch schon ich dran und habe aus meiner Agenda das Update unserer Change-Initiative vorgetragen.“

Das Feedback aus dem Kolleginnen- und Kollegenkreis war durchweg positiv, Spaß gemacht habe es auch, trotz der Aufregung. „Ich fühle mich an meinem Arbeitsplatz gefordert und gefördert“, sagt die Executive Assistant, „Perspektiven gehören zu meinem Job ausdrücklich dazu“. Ihr Chef Bernd Schwenger formuliert es so: „Das Verhältnis gestalte ich nicht durch gezielte Maßnahmen, sondern durch die Wertschätzung des gemeinsam Erarbeiteten, inklusive Feedback. Wir sind ein Team, und Angi gibt mir Rückenwind. Dafür räume ich ihr viele Freiheiten ein, während ich gleichzeitig mehr von ihr erwarte, als in der Jobbeschreibung steht. Das Limit ist immer die Person selbst!“

Dank ihres Engagements im Strategy-Bereich und der Change-Initiative bekam sie auch die Möglichkeit, an dem Buch „Chefsache Assistenz“ mitzuwirken, das im April 2024 erscheinen wird. Sie steuerte das Kapitel „Die Rolle der Assistenz im Change Management“ bei.

Mit Listen durch den Tag

Dass es trotz aller Flexibilität nicht immer einfach ist, die verschiedenen Lebensbereiche unter einen Hut zu bringen, erlebt auch Angela Reder immer wieder. „Es geht einfach vieles ineinander über, die Grenzen verschwimmen. Das kann auch schon mal belastend sein.“ Wie sie damit umgeht? „Ich brauche Struktur und ich brauche Routinen. Deshalb mache ich für so gut wie alles Listen, digital und analog, ob beruflich oder privat.“

Darüber hinaus entlaste es sie definitiv, dass sie ihr Arbeitsleben weitgehend selbstbestimmt gestalten kann: „Klar, ich habe meine Deadlines, an denen orientiere ich mich. Aber wie ich sie erreiche und wo, ob in der Firma oder im Homeoffice, das bleibt mir überlassen.“ Dass man sich dabei mit Vorgesetzten und dem Team abstimmt, ist für alle bei LGI selbstverständlich und Teil der angenehmen Arbeitsatmosphäre, sagt Angela Reder. Für sie ist ihr Assistenzberuf deshalb deutlich mehr als reine Aufgabenerfüllung: „Ich ziehe Kraft aus meinem Job.“