Rot ist ihre Farbe, ohne Zweifel. Das meint man sogar durchs Telefon zu hören, wenn Heike Walz von ihrem Selbstverständnis im Job erzählt und von der Zusammenarbeit mit ihrem Chef: „Wir sind beide Macher, wir arbeiten absolut lösungsorientiert.“ Dass Stefan Albrecht, Divisionsleiter Fabrikautomation bei Pepperl+Fuchs, jemand ist, der entscheiden kann, schätzt sie besonders: „Möglich, dass man den eingeschlagenen Kurs auch mal wieder anpassen muss. Wichtig ist, es geht voran. Anders wäre man ja wie gelähmt.“
Der Diplom- Ingenieur Stefan Albrecht blickt auf insgesamt 24 Jahre bei dem Industrieunternehmen in Baden-Württemberg zurück, seine Assistentin Heike Walz auf 22 Jahre, seit 2015 arbeiten die beiden zusammen. Als Stefan Albrecht Anfang 2023 vom Vertriebschef zum Divisionsleiter des Geschäftsbereichs Fabrikautomation aufstieg, fragte er seine Assistentin, ob sie mit ihm in den Mutterkonzern wechseln wolle. „Das hat mich wahnsinnig gefreut. Es war eine Bestätigung für mich, dass es passt mit uns.“
Den eigenen Job gestalten
Der neue Aufgabenbereich ist eine Hierarchie-Ebene unter dem Vorstand angesiedelt. In dieser Position muss sich Heike Walz wieder einmal „neu erfinden“, wie sie es nennt: „Ich muss herausfinden, wo ich mich wie einbringen kann und welche Kernaufgaben sich daraus für mich ergeben“. Als Divisionsleiter eines Geschäftsbereichs habe ihr Chef nun vor allem strategische Aufgaben, erzählt sie. „Zum Glück bin ich so ein Wusler. Ich schaue, wo ich Einsatzmöglichkeiten für mich entdecke und was ich von meinen eigenen Erfahrungen und Erkenntnissen einbringen kann.“
Es ist eine kreative Herausforderung und spricht zugleich für eine selbstständige Arbeitsweise, die die Assistentin überaus zu schätzen weiß. Dass ihr Chef ihrer Kompetenz vertraut und auch bereit ist, sich auf Experimente einzulassen, zeigte sich kürzlich, als es darum ging, eine neue KI-Software auszuprobieren. Im Rahmen ihres externen Netzwerks IMA – International Management Assistants – hatte Heike Walz ein neues Tool kennengelernt, das sie bei einem mehrtägigen Board Meeting ihres Chefs mit elf virtuellen Teilnehmenden erstmals einsetzen wollte, „ohne die Garantie, dass es auf Anhieb reibungslos klappen würde“. Es klappte, die KI-basierte Protokollführung kam mit allen Herausforderungen zurecht, von den Teilnehmenden kam positives Feedback.
„Ich fand es toll, dass mein Chef sich darauf eingelassen hat“, sagt Heike Walz, immerhin gebe es das Tool noch nicht einmal zwei Jahre, „und anfangs bedeutet der Einsatz auf jeden Fall mehr Arbeit, das war mir bewusst“. Genau diese Offenheit, Eigeninitiative und lösungsorientierte Haltung seien für die Zusammenarbeit besonders wichtig, sagt Stefan Albrecht: „Mir kommt es in ihrer Funktion auf ihre langjährige Erfahrung, ihre Verlässlichkeit, die enge Zusammenarbeit mit den verschiedenen Abteilungen und Teams sowie auf ihr gut ausgebautes und vertrauensvolles Netzwerk innerhalb von Pepperl+Fuchs an.“
Generation Praktikum
Das Netzwerken hat die gebürtige Baden-Badenerin als Erfolgsfaktor früh erkannt. Jahrgang 1978, startete sie Ende der 1990er-Jahre nach dem Abitur in eine zunehmend globalisierte (Arbeits-)Welt. Ende der 1990er-Jahre absolvierte sie eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau, nach einem kurzen Sprachaufenthalt in Schottland schloss sie eine zweieinhalbjährige Qualifikation zur staatlich geprüften Europasekretärin ab.
Ihre erste feste Anstellung findet sie schließlich im Juni 2004 bei ihrem heutigen Arbeitgeber Pepperl+Fuchs in Mannheim: „Ich hatte von einem weitläufigen Verwandten den Tipp bekommen, dass das eine tolle Firma mit internationalen Verbindungen sei“. Zunächst sagt man ihr ein Praktikum in einer Niederlassung nahe Paris zu, „ich wollte damals unbedingt für eine gewisse Zeit nach Frankreich“. Im Januar 2004 soll es losgehen. „Bis dahin waren es aber noch zwei Monate“, erzählt sie, „da habe ich gefragt, ob ich so lange ein Praktikum in Mannheim machen könnte“. Für November und Dezember 2003 bietet man ihr ein Praktikum am Stammsitz der Firma an, im Sekretariat des Vertriebs. Als sie gerade bei Pepperl+Fuchs in Frankreich ist, wird im Vertriebssekretariat in Mannheim eine Stelle frei, sie fährt zum Bewerbungsgespräch.
„Das Praktikum vor dem eigentlichen Praktikum war quasi der Dooropener“, sagt sie, „man kannte mich in Mannheim bereits von der Zusammenarbeit und so habe ich die Stelle tatsächlich bekommen“. Kein Zufall also, aber ein Glücksfall, freut sie sich, und beginnt im Juni 2004 als Sekretärin im internationalen Vertrieb.
Auch mal kurz ohne Chef
Seitdem hat sie den Arbeitgeber nicht wieder gewechselt, wohl aber die Positionen. Das bedeutete auch eine Weiterentwicklung innerhalb kürzester Zeit von der Sekretärin zur Assistentin. „In fünf Jahren hatte ich drei Chefs, das war schon eine Herausforderung“, erzählt sie rückblickend, „denn bei der engen Zusammenarbeit zwischen Assistenz und Vorgesetztem kommt es schließlich sehr darauf an, dass man sich gut versteht“. Als das einmal nicht hundertprozentig der Fall war, konnte sie intern wechseln und fühlte sich in der neuen Position deutlich wohler.
Ehrgeizig sei sie durchaus, sagt Heike Walz, aber mehr noch als die Karriere sei ihr das gute Miteinander und eine inhaltliche Zufriedenheit wichtig: „Ich bin schon daran interessiert, weiterzukommen. Aber ich mache das nicht ausschließlich an der jeweiligen Position fest. An der Stelle, wo ich jetzt arbeite, kann ich richtungsweisend mitarbeiten, und ich bewege mich in sehr breiten Leitplanken. Dieses Vertrauen in der Zusammenarbeit, diese Selbstständigkeit sind mir sehr, sehr wichtig.“
Stefan Albrecht wiederum weiß die Fähigkeiten und die Integrität seiner Assistentin zu schätzen: „Heike Walz ist engagiert, denkt proaktiv, übernimmt Verantwortung und bringt eigene Ideen ein. Das bringt unsere gemeinsamen Themen spürbar voran. Wir können uns auf Augenhöhe begegnen, uns aufeinander verlassen und packen Herausforderungen gemeinsam an.“
Neue Verbindungen aufbauen
Den Wert von Netzwerken wissen beide zu schätzen, und beide pflegen sie. Für Heike Walz bedeutet das zur Zeit vor allem, neue Verbindungen aufzubauen. „Weil viele der sogenannten Babyboomer allmählich in Rente gehen, brechen Verbindungen weg. Und damit geht auch Wissen.“ Seit 2011 ist sie Professional Member bei IMA Germany, seit Juni letzten Jahres ist sie 1. Vorsitzende des internationalen Assistenznetzwerks in Deutschland. Die weltweite Präsenz von IMA habe sie gereizt, erzählt sie, „ich war schon so viel unterwegs mit den Netzwerk-Kolleginnen, in Luxemburg, Island, Madrid, Helsinki, Stockholm, Barcelona, Paris und natürlich innerhalb Deutschlands“. Der Austausch mit Gleichgesinnten, der Blick über den Tellerrand, die Sichtbarkeit generell, das alles zahle sich im Job voll aus.
„Die Welt verändert sich so schnell, das war mir früher nicht so bewusst, aber wir alle spüren das mittlerweile ja fast täglich. Ich glaube, wenn man keinem solchen Netzwerk angehört, ist es schwierig, up-to-date zu bleiben.“
Mut für Veränderungen
Ihr Arbeitgeber zahlt die Mitgliedschaft und auch Weiterbildungen, „ich bin sehr dankbar dafür“. Man könne zwar nicht immer ganz konkret sagen, was das Netzwerken oder eine Weiterbildung bringt. „Doch in Summe zahlt es sich immer aus. Bei IMA beschäftigen wir uns oft schon mit Themen, bevor sie tatsächlich an unserem Arbeitsplatz ankommen, neue Technologien zum Beispiel. Die habe ich dann schon im Vorfeld kennengelernt und kann einschätzen, was für uns sinnvoll sein kann und was eher nicht.“
Es fließe viel Herzblut ins Netzwerken, „es ist ja alles ehrenamtlich. Und es ist richtig viel Arbeit. Ohne den Rückhalt meines Chefs ginge das alles nicht“. Auch der Arbeitgeber hat sein Go gegeben, als Heike Walz überlegte, 1. Vorsitzende bei IMA Germany zu werden. Und woher nahm sie den Mut für eine so wichtige Entscheidung? „Den habe ich von meiner Oma. Wenn es darum ging, etwas Neues anzupacken, hat sie immer gesagt, ‚spring rein und probier’s. Ohne Mut gibt es keine Veränderung.‘“
Bis jetzt habe sich diese Haltung immer ausgezahlt, sagt die Assistentin. Mit ihrem Vorgesetzten Stefan Albrecht hat sie den richtigen Sparring-Partner dafür an ihrer Seite. Sein Wunsch für die gemeinsame berufliche Perspektive lautet: „Was wir gemeinsam und die Organisation um uns herum noch weiterentwickeln können, ist der Mut, die gewohnten Pepperl+Fuchs-Wege zu verlassen und Dinge auch mal bewusst neu zu denken.“ Für Heike Walz bedeutet das wohl vor allem: Die Zukunft kann kommen.