Millennials sprechen nicht über New Work, sie leben sie. Je nachdem, in welcher Branche sie beruflich groß geworden sind, haben sie aber manchmal doch noch einen Zipfel Oldschool- Arbeitswelt mitbekommen. „Oh ja“, erinnert sich Anika Dries, 35, an ihre Zeit in der Hotellerie, „ich weiß noch gut, wie zeit- und energieaufwendig das ganze Personalmanagement war.“ Deshalb war sie sofort begeistert von der HR-Software, die ihr heutiger Arbeitgeber Personio anbietet: „Ich fand das Thema und das Produkt sehr, sehr spannend.“
Als die Gründer von Personio Mitte 2015 mit einer Software für HR-Teams an den Start gingen, arbeitete die gebürtige Rheinland-Pfälzerin gerade am schönen Tegernsee, in einem der führenden Hotels dort, als Assistentin des Front Office Managers. Zwei Jahre später hatte sie diese Position selbst erreicht, sie managte verantwortlich den gesamten Empfangsbereich, Personalaufgaben inklusive. Mit ihren damals 28 Jahren hatte sie eine beachtliche Karriere vorzuweisen, in einer Branche, die sie „liebte und lebte“, wie sie sagt: „Ja, Hotellerie ist anstrengend, die viele Wochenendarbeit, die starke Service-Orientierung. Aber ich habe gewusst, worauf ich mich einlasse, und ich habe aus dieser Zeit unglaublich viel mitgenommen für mein Berufsleben.“
Steile Karriere in der Hotellerie
Vor allem hat sie alle Chancen genutzt, die dieser Bereich bietet. Nach dem Abitur und einer Ausbildung zur Hotelfachfrau beim Romantikhotel BollAnt’s im Park in Bad Sobernheim übernahm sie dort die Bankettleitung und Assistenz der Geschäftsleitung. Ein knappes Jahr später entschloss sie sich zu einem Bachelor-Studiengang Hospitality Management an der Internationalen Hochschule Bad Honnef. „Der Studiengang ist eine Kombination aus praxisnahen Hotellerie- und Gastronomie-Themen wie Event-Organisation, F&B Management, Rooms Division Management und einiges mehr. Der andere Teil bestand aus klassischer BWL, zwar immer mit Beispielen aus der Gastronomie, aber gut auch auf andere Bereiche anwendbar.“
Zur gleichen Zeit wechselte sie von ihrem Ausbildungsbetrieb als Bankettleitung in das Klosterhotel Marienhöh, wurde dort Assistentin der Geschäftsleitung und absolvierte noch ein einmonatiges Praktikum im Brenner’s Park-Hotel Baden-Baden. Immer weiter Richtung Süden ging es schließlich, im August 2014 fing sie als „Schichtleitung Rezeption“ im Park-Hotel Egerner Höfe am oberbayerischen Tegernsee an, wo sie bis heute lebt.
Neue Herausforderungen warteten
In dem angesehenen Haus lernte sie viel und stieg bis zur Front Office Managerin auf, und eigentlich hätte es so weiter gehen können. Doch eine Umstrukturierung in dem Hotel bewog sie dazu, sich nach neuen Herausforderungen umzusehen, und in dieser Phase kam über LinkedIn die internationale Unternehmungsberatung McKinsey auf sie zu. „Ich war damals Ende Zwanzig und dachte mir, ich probiere mal etwas Neues aus. Zurück in meine Branche kann ich immer noch.“
Und so wurde sie bei McKinsey in München zunächst Partner Assistant, dann Executive Assistant. Ihre bisherige Berufserfahrung war eine solide Basis für die Aufgaben in einem anderen Umfeld: „Organisiertes Arbeiten, Eventmanagement, Stressresistenz, Service-Orientierung, Kommunikationsfähigkeit, das alles konnte ich auch in meiner neuen Position als Assistentin sehr gut einsetzen.“ Drei Jahre blieb sie, dann kam ein Angebot von Personio, wieder über LinkedIn. „Ich kannte das Unternehmen damals noch nicht und habe mich erst einmal schlau gemacht über das Produkt. Und Personio hat mich tatsächlich begeistert, denn ich hatte ja selbst Erfahrung im Umgang mit HR und konnte gut einschätzen, wie wichtig es war, Abläufe in diesem Bereich effizienter zu gestalten.“
Von Anfang an ins Team aufgenommen
Nicht nur mit dem Produkt konnte sie sich identifizieren. In dem anschließenden Interview-Prozess erlebte sie die Kultur des jungen Unternehmens: „Mit jedem Gespräch, das ich geführt habe, habe ich mich wohler gefühlt. Und als Birgit dann das Case-Interview mit mir führte, wusste ich, ich will diesen Job haben.“ Im September 2021 fing sie dort an, als Executive Assistant von Birgit Haderer, Chief Financial Officer, und Jonas Rieke, Mitbegründer und Chief Operations Officer bei Personio.
Anika Dries spricht zwar noch gelegentlich von ihren „Chefs“, wenn sie ihre Aufgaben bei dem Software-Anbieter beschreibt, doch das scheint auch schon das einzige Relikt aus einer vergangenen Zeit zu sein. Die flachen Hierarchien, die Teil der Unternehmenskultur sind, erfährt sie täglich in der Zusammenarbeit mit „ihren“ beiden Executives. „Mit Jonas, unserem COO, bin ich thematisch viel im Operativen des Unternehmens unterwegs, er verwaltet die Bereiche Customer Experience und Data & Systems. Birgit ist als CFO für den Bereich Finance, Legal und Strategy verantwortlich, da habe ich viel mit den wirtschaftlichen und strategischen Hintergründen unserer Firma zu tun.“
Die drei sind ein eng aufeinander abgestimmtes Team, erklärt Executive Assistant Anika Dries, „auch meine eigenen Performance- und Development-Gespräche führen wir immer zu dritt. Und ich bin auch transparent, wenn einer von den beiden mich mal etwas mehr braucht, muss der andere etwas zurückstecken.“
Strategie-Entscheidungen trägt sie mit
Anika Dries arbeitet drei Tage in der Woche im Firmenoffice, an zwei Tagen ist sie im Homeoffice. „An den Bürotagen sind in der Regel auch meine Chefs vor Ort, diese Tage sind insgesamt gut für kollaborative Termine zu nutzen. Im Homeoffice kann ich fokussiert an Themen arbeiten, die Ruhe und Konzentration brauchen.“ Sie arbeite mittlerweile sehr viel strategisch mit, erzählt sie, „Kalender- und Reiseplanung gehört zwar auch zu meinen Aufgaben, aber das nimmt hier längst nicht so viel Raum ein wie beispielsweise bei McKinsey“.
Bei Strategie-Meetings der Leadership-Teams ist sie grundsätzlich dabei, „ich breche die Informationen dann runter auf meine beiden Bereiche.“ Sie zählt weitere Aufgaben auf: Vorbereitung von Onsites, von der Raumbuchung über die Logistik bis zum Catering. Vor allem aber arbeite sie auch mit an der inhaltlichen Agenda von Meetings und bereitet Präsentationen vor. „Wir tauschen uns aus, welche Themen wir behandeln sollten, was gerade welchen Stellenwert hat. Und dafür ist es für mich ungeheuer wichtig zu wissen, was überall in der Organisation passiert und wo das Unternehmen hinmöchte.“
Jonas Rieke fügt an: „Zuverlässigkeit, Sorgfalt und Vertrauen sind essenziell für eine gute EA. Anika hat darüber hinaus ein sehr tiefes Verständnis für das Business aufgebaut, wodurch sie unglaublich proaktiv agiert und maßgeblich Projekte mit dem Leadership Team vorantreibt.”
Jeden Donnerstag ein großes Meeting
Das Office, in dem Personio seine Räume hat, liegt direkt am Hauptbahnhof. Auf dem dritten und vierten Stock ist reine Arbeitsfläche, Open Space statt Einzelbüros, Arbeitsinseln, Meetingräume, Rückzugsorte. Der gesamte erste Stock ist eine große Event-Fläche: „Da findet beispielsweise jeden Donnerstag das Allteam-Meeting statt, in persona, die anderen Offices und Remote-Mitarbeiter sind über Zoom hinzugeschaltet“, jede Woche eine halbe Stunde fürs Updating. Es gibt eine eigene Kitchen & Bar, die auch öffentlich zugänglich ist, und es gibt einen großen Bereich einfach zum Hinsetzen und Netzwerken – „das wird sehr gern genutzt.“
Dabei lasse sich ganz ungezwungen immer auch über den Job reden, eine Selbstverständlichkeit für Anika Dries. Natürlich sind hier alle per Du, Offenheit und Neugier sind erwünscht – „auch mir wurde gesagt, wenn dich in der Firma irgendein Bereich besonders interessiert oder du ein bestimmtes Projekt machen möchtest, dann sag es, wir besprechen das und finden eine Möglichkeit.“
Networking gehört ganz einfach dazu
Ein regelrechtes Assistenz-Netzwerk gibt es bei Personio nicht, sagt Anika Dries, „aber wir tauschen uns regelmäßig aus, über neue Tools, über alles, was unsere Arbeit und unseren Output verbessert.“ Seit Januar dieses Jahres hat sie die Regionalleitung von IMA München übernommen. „Die Internationalität und der Austausch, die das Netzwerk bietet, sind überaus wichtig für unser Berufsbild. Ich schätze aber auch die vielen professionellen Weiterbildungsmöglichkeiten, die so ein Assistenz-Netzwerk bietet.“
Gerade für ein kleineres Unternehmen sei das durchaus ein Thema, sagt sie. „Und ich selber ziehe auch einen großen Nutzen daraus. Ich erweitere mein persönliches Netzwerk und habe immer Ansprechpartner, wenn ich mal einen Tipp brauche, zu Hotels, Trainern oder was auch immer.“ Gerade hat sie die ersten beiden Events für IMA München angestoßen, und der erste Abendworkshop ist geplant – „Die Assistenz als Change Agent – Kommunikation mit Wirkung“. Besser lässt sich wohl kaum sichtbar machen, dass das Berufsbild Assistenz längst in der neuen Arbeitswelt angekommen ist.