Gefühle, ganz professionell: Eine Expertin erklärt, welches Potenzial in Gefühlen steckt.
Gefühle, ganz professionell: Eine Expertin erklärt, welches Potenzial in Gefühlen steckt. © Mary Long/AdobeStock

Wie uns Emotionen im Job unterstützen und uns resilienter machen

Emotionen und Arbeit sind Bereiche, die wir nicht unbedingt zusammen denken. Dabei können uns Emotionen im Job unterstützen und uns resilienter machen. Eine Expertin weiß, welches Potenzial in Gefühlen steckt und warum die künftige Arbeitswelt emotional ist.

Der Auslöser, um sich intensiv mit Emotionen zu beschäftigen, war für Magdalena Rogl das Feedback einer Kollegin: „Du bist viel zu emotional, und damit untergräbst du deine Autorität.“ Die Autorin und Keynote-Speakerin arbeitet im Bereich Unternehmenskommunikation als Diversity & Inclusion Lead bei Microsoft.

In ihrem Buch „MitGefühl - Warum Emotionen im Job unverzichtbar sind“ geht sie vielen Fragen im Hinblick auf Emotionalität in der Arbeitswelt nach: Wie kann man Gefühle auch im Job nutzen, anstatt sie zu verdrängen und auszugrenzen? Warum sehen wir Emotionen immer noch als Schwäche? Warum sind auch vermeintlich negative Emotionen wichtig? Warum steigert emotionale Intelligenz unsere Resilienz? Warum haben Gefühle einen Gender Bias? Warum ist die Arbeitswelt der Zukunft emotional? Magdalena Rogl ist überzeugt davon, dass es keine Schwäche ist, zu den eigenen Gefühlen zu stehen, sondern eine Stärke – vor allem im Job.

Eine Chefin mit Gefühl

„‚Emotionen‘ und ‚Arbeit‘ sind zwei Begriffe, die für die meisten Menschen immer noch nichts miteinander zu tun haben“, so Magdalena Rogl. In ihrem Buch erzählt sie, wie sie als Quereinsteigerin in der Medienbranche selbst die Erfahrung machte, ihre Emotionen unterdrücken zu müssen: „Ich habe nicht mehr darauf geachtet, was ich fühle, sondern nur noch darauf geachtet, so zu funktionieren, wie es in dieser Arbeitswelt scheinbar angebracht war.“

In ihrem ursprünglichen Ausbildungsberuf als Kinderpflegerin spielten Emotionalität und Empathie eine große Rolle. Weil ihr diese Aspekte selbst in der neuen Branche gefehlt haben, habe sie immer versucht, Mitarbeitenden und Externen besonders mitfühlend zu begegnen: „Ich wollte die Chefin sein, die ich mir früher selbst gewünscht hatte. Klar, reflektiert, empathisch – mit Gefühl.“

Was ist emotionale Führung?

Bei dem Konzept der emotionalen Führung, dem Magdalena Rogl folgt, geht es darum, sich der eigenen Verletzlichkeit bewusst zu werden, sie zu reflektieren und sie zu nutzen, um besser mit anderen zusammenzuarbeiten. Dabei begreift sie Leadership als Vorbildfunktion und Verantwortungsbewusstsein, etwas, das für alle gelten kann – unabhängig davon, ob wir eine Führungsposition innehaben oder nicht.

Die öffentlichen Reaktionen auf das Thema haben der Expertin gezeigt, wie es um die gesellschaftliche Akzeptanz von Emotionen bei der Arbeit heute immer noch steht: „Wir sehen sie selten als wertvoll, sondern als lästig, anstrengend und peinlich.“ Dabei gehe es im Job wie auch sonst nicht darum, Gefühle ungefiltert herauszulassen, sondern sie zu reflektieren und als Kompass zu nutzen, zum Beispiel um mehr Mitgefühl mit sich selbst und dadurch auch mit anderen zu haben.

Ein hilfreicher innerer Kompass

Eine allgemeingültige Definition von Emotion gibt es nicht, sie kann als Muster von körperlichen und psychischen Reaktionen auf eine Situation verstanden werden. Nach dem Konzept der Basisemotionen werden Freude, Wut, Ekel, Verachtung, Trauer, Angst und Überraschung universell und kulturübergreifend verstanden. Natürlich gibt es weitere komplexere emotionale Muster wie Scham, Enttäuschung, Neid oder Hoffnung.

„Bei Emotionen im Zusammenhang mit der Arbeitswelt denken zum einen sehr viele sofort an eine weinende Kollegin, nicht aber an Begeisterung für Ideen, Leidenschaft für Projekte oder Empathie für Mitarbeitende“, so Magdalena Rogl. Sie plädiert dafür, Emotionen bewusst wahrzunehmen, da sie sehr viel über uns verraten können. Dabei sollten alle Emotionen wertgeschätzt werden, auch die vermeintlich negativen.

Jede Emotion hat verschiedene Funktionen, zum Beispiel ist Wut eine Abgrenzungsemotion und kann es uns ermöglichen, gerade im Arbeitskontext auch einmal nein zu sagen. Angst kann uns schützen oder uns in einem gewissen Maß wachsam und präsent sein lassen, etwa vor einer wichtigen Präsentation. Freude ist eine verbindende Emotion, die das Team stärkt, wenn ein gemeinsames Projekt gelungen ist.

Magdalena Rogl betont die Wichtigkeit von emotionaler Intelligenz in der Arbeitswelt, also die Fähigkeit, die eigenen Gefühle sowie die anderer Personen bewusst wahrzunehmen. Dieser Prozess, der die drei Schritte „bewusst wahrnehmen“, „verstehen und benennen“ und „reflektieren“ beinhaltet, ist nicht so einfach, besonders wenn wir daran gewöhnt sind, Gefühle zu ignorieren oder zu unterdrücken. Wir können dies jedoch trainieren, um die Emotionen als hilfreiche Signale für Ziele, Veränderungen oder im Umgang mit anderen zu nutzen.

Emotional agil in die Zukunft

Magdalena Rogl benennt Empathie als eine der wichtigsten Eigenschaften in der jetzigen, aber auch der zukünftigen Arbeitswelt. Wenn wir einerseits das Bewusstsein für die eigenen Emotionen trainieren und außerdem Selbstmitgefühl entwickeln, also die Fähigkeit, uns selbst wie eine gute Freundin zu behandeln, können wir auch anderen gegenüber empathisch sein und dementsprechend gut kommunizieren. Durch Empathie können wir Vertrauen aufbauen, Ehrlichkeit und Offenheit entwickeln, das Teamgefühl stärken und dadurch erfolgreicher werden.

Zudem sei Empathie ein Treiber für Innovation, Diversität und Inklusion, glaubt Magdalena Rogl: „Wenn wir empathisch zuhören, wenn wir uns in unsere Zielgruppen, ihre Bedürfnisse, ihre Herausforderungen hineinversetzen, können wir echte Innovation schaffen.“ Für die kommenden Veränderungen der Arbeitswelt sei emotionale Agilität eine wichtige Eigenschaft, um die Transformation mitgestalten zu können.