Grafik einer Frau mit langen weißen Haaren und einem Wecker. Statt der Uhrzeiger ist darin ein Uterus zu sehen symbolisch.

Wechseljahre: Warum Unternehmen das Thema ernst nehmen müssen

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Die Wechseljahre sind kein Randphänomen, sondern betreffen in Deutschland neun Millionen Frauen. Eine Expertin erklärt, warum Unternehmen das Thema ernst nehmen müssen und wie Frauen Unterstützung finden können. Inklusive Tipps & Ressourcen.
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„Frauen in den Wechseljahren gehören noch lange nicht zum alten Eisen und werden in Zukunft für die Wirtschaft von hoher Relevanz sein“, sagt Julia Neuen, Expertin für Female Health und CEO von peaches. Heute wissen wir, dass Frauen nicht erst mit 60, sondern bereits ab Mitte 30 in die Wechseljahre kommen können. Also Frauen im besten Alter!

Sie betont, wie groß die Unsicherheit und Unsichtbarkeit rund um das Thema Wechseljahre ist: Viele Frauen bräuchten „erst einmal sehr lange, um zu verstehen, dass ihre Beschwerden mit den Wechseljahren zusammenhängen und nicht mit etwas anderem.“ Gleichzeitig scheuen sie sich, ihre Symptome anzusprechen – aus Angst, als schwach oder weniger leistungsfähig wahrgenommen zu werden.

So bleiben die Wechseljahre am Arbeitsplatz oft tabu. „In modernen Firmen passiert langsam etwas, aber in der breiten Masse, bei Mittelständlern und kleineren Unternehmen, wird das Thema als Privatsache abgetan“, so Julia Neuen. Dort werde die Verantwortung allein den betroffenen Frauen überlassen. Dabei sei der Einfluss enorm: Frauengesundheit war lange unterrepräsentiert in der Forschung. Heute zeigt sich zunehmend, dass hormonelle Phasen die Leistungsfähigkeit beeinflussen.

Doch dieses Wissen kommt nur langsam in der Arbeitswelt an. „Gerade Branchen mit hohem Frauenanteil wie Pflege, Krankenhäuser oder der öffentliche Dienst müssten Wechseljahre als Top-Thema behandeln – sonst drohen hohe Fehlzeiten und massive Ausfälle“, warnt die Expertin.

Zahlen, Daten, Fakten zu Wechseljahren

Frauen in den Wechseljahren kämpfen nicht nur mit körperlichen Veränderungen, sondern auch mit einer Arbeitswelt, die darauf kaum eingestellt ist. Laut der Deutschen Menopause Gesellschaft (DGM) sind derzeit in Deutschland etwa neun Millionen Frauen in den Wechseljahren. Bis zu 80 Prozent erleben Symptome in dieser Lebensphase, rund ein Viertel fühlt sich davon stark beeinträchtigt.

Für Unternehmen hat das messbare wirtschaftliche Folgen: Die MenoSupport-Studie beziffert die Kosten durch Fehltage und Leistungseinbußen auf 9,4 Milliarden Euro pro Jahr. Typische Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen beeinträchtigen viele Frauen im Job: 13 bis 20 Prozent der Betroffenen nennen arbeitsbezogene Konsequenzen wie Fehlzeiten, geringere Leistung oder Karriereabbrüche.

Die Menopause Society (2024) fordert besseren Zugang zu evidenzbasierter Information und Versorgung für Frauen. Die European Menopause and Andropause Society (EMAS) kritisiert den Mangel an hochwertigen Studien zur Wirksamkeit arbeitsplatzbezogener Strategien und fordert mehr Forschung.

Mehr als Hitzewallungen

„Das Gesundheitssystem bietet oft nicht die nötige Unterstützung“, sagt Julia Neuen. Viele Frauenärzt:innen seien kaum auf das Thema spezialisiert, schnelle und individuelle Beratung sei schwer zu bekommen. Die Folge: fehlende Transparenz, kaum Therapieangebote und gleichzeitig ein Arbeitsumfeld, das Wechseljahre tabuisiert. „Diese Kombination führt dazu, dass wir aktuell enorm viel Potenzial von Frauen im Berufsleben ungenutzt lassen.“

Die Wechseljahre seien weit mehr als ein paar Hitzewallungen. „Sie sind wie ein Chamäleon – sie können in allen Farben und Formen auftreten“, so Julia Neuen. Neben klassischen Symptomen gibt es Konzentrationsprobleme (Brain Fog), Gelenkschmerzen, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Haut- und Haarprobleme, Tinnitus, depressive Verstimmungen und viele mehr. Das erschwert nicht nur den Alltag, sondern mindert die Leistungsfähigkeit im Job.

Wissen sei hier der entscheidende Faktor: „Wissen ist Macht – gerade, wenn der Körper verrückt spielt.“ Wer die Zusammenhänge versteht, kann gezielt handeln – von gesunder Ernährung und Bewegung bis hin zu ärztlich begleiteter Hormonersatztherapie. Diese werde zwar oft kritisch gesehen, könne aber für viele Frauen Erleichterung bieten. Entscheidend sei, dass jede Frau den für sie passenden Weg geht. Julia Neuen betont, dass es oft Geduld und viel Ausprobieren braucht, um die richtige Behandlung oder Unterstützung zu finden.

Was Unternehmen tun können

Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Frauen in den Wechseljahren zu unterstützen, ohne übergriffig zu wirken. „Du kannst ja nicht einfach zu jeder 45-Jährigen hingehen und fragen: Bist du in den Wechseljahren?“, sagt Julia Neuen mit einem Augenzwinkern. Stattdessen brauche es ein systematisches Vorgehen, z. B. durch Vorträge und Trainings sowohl für Mitarbeitende als auch für Führungskräfte. So lässt sich Awareness in der gesamten Unternehmenskultur schaffen.

Wichtig seien flexible, lebensphasenorientierte Arbeitsmodelle, damit Frauen nicht gezwungen werden, ihre Stunden zu reduzieren oder Karriereambitionen aufzugeben. Arbeitgebende, die das Thema ignorieren, riskierten sinkende Frauenquoten – gerade dort, wo weibliche Führungskräfte dringend gebraucht werden. Das Ziel müsse eine durchdachte Female-Lifecycle-Strategie sein, die branchenspezifische Unterschiede berücksichtigt – vom öffentlichen Dienst bis zu Kliniken und zur Schichtarbeit. „Wer das Thema nicht in die Personalstrategie aufnimmt, riskiert, einen großen Teil der Belegschaft zu verlieren oder deren Potenzial nie voll auszuschöpfen.“

Eine gendergerechte Gesundheitsversorgung

Das Angebot von peaches umfasst Female Health und Family Building Benefits, die alle Lebensphasen abdecken – von Gen Z bis zu den Wechseljahren. Dazu gehören Sprechstunden mit spezialisierten Ärzten und Ärztinnen, Onlinekurse sowie schnelle, unkomplizierte Beratung. „Das ist kein Luxusprodukt, sondern ein Angebot, das Fluktuation und Fehlzeiten von jetzt auf gleich reduzieren kann.“ In den von peaches angebotenen Sprechstunden erleben viele Frauen, wie wertvoll der Austausch in einer geschützten Umgebung ist. Sie teilen Erfahrungen, profitieren voneinander und fühlen sich nicht allein.

Ein begleitender medizinischer „Leuchtturm“ (z. B. eine Gynäkologin) sorgt dafür, dass Erfahrungen eingeordnet und fachlich erklärt werden. Diese Kombination aus fachlicher Expertise und solidarischem Austausch gibt vielen Frauen Orientierung, Sicherheit und emotionale Stärke.

Zunehmend werde das Thema Gesundheitsversorgung auch genderübergreifend gedacht: Neben der Menopause rücke etwa die „Andropause“ bei Männern in den Fokus. Ziel sei es, eine gendergerechte Gesundheitsversorgung zu schaffen.

Zukunft der Arbeitswelt – was sich ändern muss

Julia Neuens Appell an die Unternehmen ist deutlich: Wechseljahre und weibliche Gesundheit dürfen nicht länger als Nischenthemen abgetan werden. Angesichts globaler Konkurrenz und Krisen brauche Deutschland jede Arbeitskraft – Männer wie Frauen – in voller Leistungsfähigkeit. Wer das Potenzial von Frauen nutzen will, muss Rahmenbedingungen schaffen, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit fördern. Unternehmen können es sich nicht leisten, die Bedürfnisse von Frauen in der Lebensphase der Wechseljahre zu ignorieren. Julia Neuens Wunsch: Mehr Offenheit und Mut, schnelleres Handeln und klare Strategien, damit Frauen und Männer gleichermaßen ihr Potenzial entfalten können.