
Selbstführung: Das mächtigste Instrument gegen Überforderung
Wer im Alltag nicht untergehen will, braucht einen inneren Kompass. „Selbstführung bedeutet genau das: sich selbst zu steuern statt gesteuert zu werden“, erklärt Ivan Blatter, Zeitmanagement-Coach und Trainer. „Es geht darum, die eigenen Ziele zu kennen, Prioritäten zu setzen und Verantwortung für das eigene Denken und Handeln zu übernehmen.“
Dazu gehört dem Coach zufolge auch, mit der eigenen Energie sorgsam umzugehen und klare Entscheidungen zu treffen. Denn wenn alles zu viel wird, sei oft nicht die Menge das Problem, sondern der fehlende Fokus. Und genau hier setzt Selbstführung an, so Blatter. Sie helfe, Struktur in die Gedanken zu bringen, den Kalender zu entlasten und das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen. Denn wer sich selbst führt, erkennt früher, wann es zu viel wird, kann klare Grenzen setzen und bewusst Prioritäten verschieben.
„Selbstführung stärkt das Vertrauen in die eigenen Entscheidungen und schafft einen bewussten Umgang mit Anforderungen“, erläutert Blatter, auf dessen Referenzliste Unternehmen wie Shell, Zalando, Siemens und Roche stehen. „Man könnte also sagen, dass Selbstführung in erster Linie Klarheit schafft: Was ist jetzt wirklich wichtig? Was kann warten? Und was lasse ich bewusst los?“
Auf diese Weise wird Selbstführung, auch Self Leadership genannt, zum Gegenmittel gegen Dauerstress, zur Grundlage gesunder Selbstverantwortung – alles Voraussetzungen für langfristige Leistungsfähigkeit, Zufriedenheit und innere Stabilität.
Eine Hilfe für uns selbst und andere
Wer sich selbst führt, kann auch andere besser unterstützen. „Gerade für Office Professionals ist das zentral“, erklärt Blatter. Sie jonglieren viele Aufgaben gleichzeitig, reagieren auf spontane Anfragen und halten vieles im Hintergrund am Laufen. Selbstführung helfe, nicht den roten Faden zu verlieren. Auch fördert sie dem Experten zufolge vorausschauendes Denken, klare Kommunikation und souveränes Auftreten. Und sie verhindere, dass man sich ausschließlich für andere aufreibt. Denn wer sich selbst ernst nimmt, wird im Job klarer, präsenter und wirksamer. Das sei auch von außen spürbar und eine entscheidende Ressource.
Selbstführung ist keine angeborene Eigenschaft, sondern eine Fähigkeit, die sich entwickeln lässt. Aber wie? „Wer sich traut, erste kleine Schritte auszuprobieren – zum Beispiel mehr Eigenverantwortung zu übernehmen oder regelmäßiger zu reflektieren – gewinnt nach und nach an Selbstwirksamkeit“, erklärt Blatter. Genau dieses Gefühl, das eigene Leben aktiv zu gestalten, sei der entscheidende Schlüssel. Es geht nicht primär darum, sich noch besser zu organisieren, sondern sich selbst bewusster wahrzunehmen.
„Selbstführung darf leicht sein“, so Blatter. Und sie beginnt mit einer einfachen Frage: Was will ich eigentlich bewirken? Wer sich diese Frage regelmäßig stelle, schaffe sich ein inneres Navigationssystem, das Orientierung gibt. Von dort aus lassen sich konkrete Werkzeuge einsetzen.
Wirksame Hebel für Office Professionals
Blatter nennt zwei wirkungsvolle Methoden im Office: Statt nur Aufgaben zu verwalten, hilft es, die eigene Arbeit über Rollen zu strukturieren: Welche Rolle nehme ich wann ein? Bin ich gerade Koordinatorin, Kommunikator, Vorausdenkerin oder Troubleshooter? Diese Klarheit helfe, Aufgaben besser einzuordnen, Zuständigkeiten zu sortieren und Überforderung zu vermeiden.
Ein zweiter Hebel ist die die tägliche Reflexion. Blatter zufolge helfen schon zwei Minuten am Abend mit einfachen Fragen, die Selbstwahrnehmung zu fördern: Was war heute gut? Was hat mich gestresst? Was will ich morgen anders machen? Kleine Routinen wie ein kurzes Morgenritual, um sich auf den Tag einzustimmen oder ein bewusst gesetzter Wochenfokus sind hilfreich. Es brauche keine komplizierten Tools, sondern mehr bewusste, regelmäßige Momente, um sich selbst besser zu verstehen, zu justieren und zu steuern.
Blatters Fazit: „Das Schöne ist: Selbstführung wächst mit jedem Schritt, den man geht.“