Verhandeln ist der effektivste Weg, mehr Geld zu verdienen. Und doch tun sich viele gerade dann schwer, wenn es um die eigene Sache geht. Wer fragt, wirkt fordernd – wer wartet, wirkt loyal. Ein Dilemma, vor allem für Assistenzkräfte, die im Alltag viel Verantwortung übernehmen, aber häufig nicht im Rampenlicht stehen. Dabei gilt: Wer seinen Wert kennt und diesen gut vermittelt, schafft die Basis für ein faires Gehalt – und echte Wertschätzung.
Warum es vielen schwerfällt
Gerade Frauen fällt es oft schwer, Gehalt zu verhandeln. Studien zeigen: Männer verhandeln vier- bis fünfmal häufiger – und erfolgreicher. Nur sieben Prozent der Berufseinsteigerinnen sprechen beim ersten Jobangebot über das Gehalt, bei Männern sind es 57 Prozent (Quelle: Linda Babcock und Sara Laschever („Women Don't Ask“, 2003)). Gleichzeitig starten Frauen mit besseren Abschlüssen ins Berufsleben. Die Diskrepanz hat strukturelle, aber auch persönliche Gründe: Frauen schätzen ihre Leistung oft zu gering ein oder vermeiden Konfrontationen. Dabei ist eine Gehaltsverhandlung kein Machtkampf – sondern ein Dialog auf Augenhöhe.
Vorbereitung ist (fast) alles: 7 Schritte
Der wichtigste Hebel für eine erfolgreiche Verhandlung ist die Vorbereitung. Eine weitverbreitete Faustregel besagt: Rund 80 Prozent des Verhandlungserfolgs hängen davon ab, wie gut man sich vorbereitet hat. Die folgenden sieben Schritte helfen dabei, vom Bauchgefühl zur Strategie zu kommen:
1. Den Marktwert kennen – Nutzen Sie Plattformen wie Gehalt.de, Kununu, Glassdoor oder einschlägige Tarifverträge, um ein realistisches Bild Ihrer Gehaltsbandbreite zu erhalten. Auch der Betriebsrat kann im Rahmen des Entgelttransparenzgesetzes helfen. Im Zweifel: Hören Sie sich vertrauensvoll in Ihrem Netzwerk um.
2. Das richtige Mindset entwickeln – Viele scheuen das Gespräch, aus Angst, „zu viel“ zu verlangen. Doch: Es geht nicht um Gier, sondern um Anerkennung für Leistung. Wer sich selbst überzeugt präsentiert, überzeugt auch andere.
3. Die eigenen Leistungen sichtbar machen – Führen Sie ein Erfolgstagebuch. Welche Projekte haben Sie gestemmt, welche Prozesse verbessert, welche Einsparungen ermöglicht? Am meisten überzeugen konkrete Zahlen: „Durch meine Prozessoptimierung konnten 15 Prozent der Kosten eingespart werden.“
4. Ziele klar definieren – Wie hoch ist Ihr Wunschgehalt? Welche Zusatzleistungen sind für Sie attraktiv (z. B. Weiterbildung, Mobilität, Urlaub)? Was wäre Ihr Plan B? Nur wer Alternativen kennt, verhandelt souverän.
5. Den Verhandlungspartner analysieren – Was treibt Ihr Gegenüber an? Welche Werte sind ihm wichtig? Wer das Motiv hinter der Haltung erkennt, kann besser argumentieren. Ein Beispiel: Statt zu fordern „Ich möchte 10 Prozent mehr“, formulieren Sie: „Ich habe in den letzten Monaten zusätzliche Aufgaben übernommen, u. a. das Projekt XY geleitet – ich würde dies gern auch in meiner Vergütung abbilden.“
6. Üben, üben, üben – Suchen Sie sich einen Sparringspartner oder nehmen Sie ein professionelles Coaching in Anspruch. Auch ein Selbstgespräch vor dem Spiegel hilft, mehr Sicherheit zu gewinnen. So überzeugen Sie textsicher im Gespräch mit weniger Lampenfieber.
7. Die Strategie festlegen – Wie wollen Sie starten? Mit einem positiven Einstieg oder gleich mit einer Zahl? Welche Argumente bringen Sie wann ins Spiel? Erstellen Sie sich einen klaren Ablaufplan.
3 Grundpfeiler
Kennen Sie schon die drei Grundpfeiler einer erfolgreichen Verhandlung? Es lohnt sich, diese auch schon bei der Vorbereitung zu beachten.
1. BATNA – Ihre beste Alternative – „Best Alternative to a Negotiated Agreement“ – kennen Sie Ihre Alternativen. Wie bereits erwähnt, sollten Sie immer einen Plan B im Kopf haben. Wenn Sie wissen, dass eine Weiterbildung oder ein interner Wechsel möglich ist, verhandeln Sie mit Rückgrat.
2. Win-Win statt fauler Kompromiss – Vermeiden Sie „halb-halb“-Lösungen, bei denen alle verlieren. Überlegen Sie lieber: „Was könnte mein Gegenüber gewinnen, wenn ich mehr Gehalt bekomme?“ (z. B. höhere Motivation, weniger Fluktuation). Ziel ist es, einen so großen Kuchen zu backen, dass alle Parteien gewinnen.
3. Anker-Effekt gezielt nutzen – Wer zuerst eine Zahl nennt, setzt den Rahmen für die Verhandlung. Nennen Sie Ihre Forderung als Erste – selbstbewusst, gut begründet und im oberen Rahmen. Argumentieren Sie sachlich, nicht emotional.
Nicht immer ist eine sofortige Gehaltserhöhung möglich – zum Beispiel bei Budgetrestriktionen oder laufenden Geschäftsjahren. Doch es gibt Alternativen: mehr Urlaubstage, ein Zuschuss zur Altersvorsorge, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Tage oder ein Jobticket. Solche Benefits lassen sich oft schneller und unkomplizierter durchsetzen und sorgen dennoch für eine höhere Zufriedenheit.
Gehaltsverhandlungen sind kein Talent, sondern ein Handwerk. Wer seinen Marktwert kennt, vorbereitet in das Gespräch geht und klar, aber empathisch kommuniziert, erhöht nicht nur die Chancen auf mehr Geld – sondern auf mehr berufliche Zufriedenheit. Sichtbarkeit beginnt bei einem selbst. Wer sich nicht traut, verliert automatisch – wer gut vorbereitet ist, gewinnt.
- Unvorbereitet ins Gespräch gehen
- Nur auf das Fixgehalt fokussieren
- Sich mit dem ersten Nein abfinden
- Keine konkreten Erfolge nennen
- Emotional oder unsicher auftreten
Der Termin zur Gehaltsverhandlung steht. Und jetzt? Bauen Sie es wie folgt auf:
1. Positiver Einstieg – Starten Sie positiv und zeigen, dass Sie das Unternehmen schätzen und sich langfristig einbringen möchten.
2. Forderung klar formulieren – Nennen Sie Ihren Gehaltswunsch konkret – am besten als erste. So setzen Sie den Anker. Rechtfertigen Sie sich nicht minutenlang.
3. Argumente sachlich vortragen – Nutzen Sie Zahlen, Beispiele und konkrete Erfolge. Bleiben Sie bei sich – keine Vergleiche mit Kollegen oder emotionalen Begründungen.
4. Reaktion abwarten & nachhaken – Nicht jedes Zögern ist ein Nein. Fragen Sie freundlich nach: „Welche Voraussetzungen müssten erfüllt sein?“, „Wann könnten wir das Gespräch fortsetzen?“ Halten Sie ggf. auch ein Schweigen/eine längere Pause aus und geben ihrem Gegenüber die Möglichkeit über ihr Angebot nachzudenken.
5. Ergebnis festhalten – Dokumentieren Sie das Gespräch schriftlich – per Mail oder Gesprächsnotiz.