Arbeiten im Ausland: Wenn Ihr Job um die Welt führt
Der Schritt ins Ausland erweitert nicht nur fachliche Kompetenzen, sondern fördert auch die interkulturelle Sensibilität. Wer den Mut zur Ferne aufbringt, kehrt zudem mit einem neuen Netzwerk und wertvollen Erfahrungen zurück, die sowohl die Karriere als auch die eigene Persönlichkeit nachhaltig bereichern. Dennoch stand ein Auslandsaufenthalt für Christina Andrecht lange Zeit nicht zur Debatte. Anfang 2023 änderte sich die Situation plötzlich: Ihr Lebensgefährte erhielt vom gemeinsamen Arbeitgeber das Angebot, eine Position am Standort in Thailand zu übernehmen. Zufällig fand am darauffolgenden Tag Christina Andrechts jährliches Mitarbeitergespräch statt. Die spontane Reaktion ihres Chefs: „Da gehst du mit und machst deinen Job von dort aus weiter!“
Richard Feddeck, CIO des Reifenbereichs von Continental, weiß aus Erfahrung, dass eine Entsendung – insbesondere in das asiatische Ausland – eine einzigartige Gelegenheit ist, sich beruflich wie auch persönlich weiterzuentwickeln:
Eine Ablehnung stand daher für mich außer Frage. In einem weltweit agierenden Unternehmen ist die nahtlose Zusammenarbeit über Kontinente und Kulturen die Normalität und grundlegend für den Erfolg. Allein mein globales IT-Team besteht aus mehr als 30 Nationalitäten. Wir arbeiten als ein Team, egal an welchem Standort. Da macht auch die Zusammenarbeit mit meiner Assistentin keinen Unterschied.
– Richard Feddeck
Mut zur Ferne: Vorbereitung auf das neue Abenteuer
Eine ähnliche Chance bot sich Annika Tringali nach zehn Jahren bei Amazon: Gemeinsam mit ihrem Mann, ebenfalls bei Amazon, fiel die Entscheidung: auf nach Seattle! „Es war einer dieser Momente, in denen man weiß: jetzt oder nie. Und manchmal ist es genau das, was man braucht – einfach loslaufen, auch wenn noch nicht alles klar ist“, sagt Annika Tringali rückblickend. Die Tringalis hatten das Glück, Relocation-Teams an ihrer Seite zu haben, die Flüge buchten, Visa organisierten, rechtliche Fragen klärten und Umzugsunternehmen koordinierten.
Trotzdem war es noch viel Arbeit: Annika Tringali fand schnell einen Job als Executive Assistant bei Amazon Logistics. Da sie nicht als Expat entsendet wurde, musste sie ihr deutsches Arbeitsverhältnis komplett kündigen und in Seattle mit einem amerikanischen Vertrag anfangen. Über ihren Mann bekam sie zwar direkt ein „dependent visa“, mit dem sie einreisen und bleiben konnte, aber eine eigene Arbeitserlaubnis hätte sie erst vor Ort mit viel Aufwand und Wartezeit beantragen müssen. Ihr zukünftiger Chef setzte sich für ein unabhängiges Visum ein. „Und das war – ehrlich gesagt – einer der anstrengendsten Teile der Vorbereitung: Diskussionen mit Anwälten, Begründungen, warum ich besser für die Rolle geeignet war als ein US-Kandidat, und das Üben für das Visum-Interview“, erzählt Annika Tringali.
Das Visum sowie alle dafür erforderlichen Dokumente stellten die wichtigste Grundlage für den Aufenthalt dar. Direkt nach der Ankunft wurde eine Social Security Number (SSN) beantragt, eine Voraussetzung für nahezu alle administrativen und alltäglichen Vorgänge in den USA, wie auch Telefonverträge, Bankkonten, größere Anschaffungen und Mietverträge. Die Krankenversicherung wurde über Amazon abgewickelt. Dabei galt es, einen geeigneten Tarif auszuwählen und passende Ärztinnen und Ärzte zu finden.
Annika Tringali „Solche organisatorischen Schritte erscheinen zunächst wie reine Formalitäten, haben jedoch maßgeblichen Einfluss darauf, wie schnell eine Eingewöhnung gelingt und ein Gefühl von Ankommen entsteht.“
Von der Reiseapotheke über den Führerschein bis zum Visum
Christina Andrecht beantragte ihr erstes Visum selbst. Für die Arbeitserlaubnis und die Umwandlung in ein Dauervisum gab es Unterstützung durch eine Agentur, beauftragt vom Arbeitgeber. Noch zuhause ließen sie und ihr Mann sich internationale Führerscheine ausstellen, um in Thailand einen lokalen Führerschein zu bekommen. Durch den Betriebsarzt wurde eine reisemedizinische Beratung inklusive Impfungen durchgeführt und eine Reiseapotheke mit den wichtigsten Medikamenten zusammengestellt.
In ihrer gesetzlichen Krankenversicherung wechselte Christina Andrecht von der Mitgliedschaft in eine Anwartschaft, für die Zeit des Auslandsaufenthaltes läuft die Krankenversicherung über den Arbeitgeber. Bei der Deutschen Gesetzlichen Rentenversicherung versicherte sie sich freiwillig, um keine Rentenansprüche zu verlieren. Parallel erklärte sich der Arbeitgeber bereit, die Auslandsjahre als Betriebszugehörigkeit anzuerkennen.
Für die umfangreiche steuerliche Thematik bekommen die die Andrechts Unterstützung von einer Steuerberatung. Organisatorisch musste Christina Andrecht in Hannover alles digitalisieren, was in Thailand gebraucht wurde und sicherstellen, dass alle System-Zugriffe auch im Ausland laufen. Themen, die nur in Hannover zu klären waren, übergab sie ihrer Kollegin. „Als unsere Abreise bereits feststand, konnte ich noch an einem Workshop zum interkulturellen Training teilnehmen. Zusätzlich haben wir ein Training vom Arbeitgeber bekommen, in dem uns eine Thailänderin viele nützliche Informationen über Land, Kultur und Menschen mitgab“, erinnert sich Christina Andrecht.