OFFICE-STAR: Wenn Katastrophen Berufsalltag sind – als Geschäftsführungsassistentin bei einem Großsanierer erlebt Inga Berrenrath beinahe täglich Außergewöhnliches.
OFFICE-STAR: Wenn Katastrophen Berufsalltag sind – als Geschäftsführungsassistentin bei einem Großsanierer erlebt Inga Berrenrath beinahe täglich Außergewöhnliches. © Peter Nierhoff

Wenn Notfälle an der Tagesordnung sind

Handwerk und New Work – geht das zusammen? Bei der Sprint Sanierung GmbH in Köln sehr wohl. Die 35-jährige Geschäftsführungsassistentin erlebt hier beides jeden Tag. Das ermöglicht ihr viel Flexibilität für Job und Familie, und ein direktes Verständnis der geleisteten Arbeit.

Als Ende letzten Jahres die Nachricht vom geplatzten Riesen-Aquarium in einem Berliner Hotel im Radio zu hören war, durchzuckte es Inga Berrenrath: „Soll ich in der Berliner Niederlassung anrufen?“ Denn das war ganz klar ein Fall für die Kollegen der sprint.experts, die Großschaden-Experten im Raum Berlin. Sie tat es nicht, schließlich sind die Sprint-Profis auf Zack. Doch es zeigt die Verbundenheit, die die Assistentin für ihren Arbeitgeber, ein bundesweiter Wasser- und Brandschadensanierer, empfindet. Und das, obwohl sie und ihr Chef beide „Corona-Einstieglinge“ sind.

Seit Juni 2020 arbeitet Inga Berrenrath als Assistentin der Geschäftsführung Profit Center bei Sprint, ihr Chef übernahm im Oktober 2020 die Leitung dieses Bereichs, wenige Monate später arbeitete man ausschließlich vom Homeoffice aus miteinander. Aus dem reinen Remote Job ist mittlerweile ein hybrider Rhythmus geworden: „Ich arbeite viel von Zuhause aus und versuche, an zwei bis drei Tagen im Firmenbüro zu sein.“

EIN BÜRO-BERUF ALS STARTRAMPE

Die Ausbildung zur „Kauffrau für Bürokommunikation“, 2007 begonnen und knapp drei Jahre später erfolgreich abgeschlossen, war zwar eine gute Basis für einen Office-Beruf. Doch die Tätigkeit füllte sie nicht aus, erinnert sie sich, „da musste einfach noch etwas passieren“. Und so setzte sie berufsbegleitend ein Studium drauf, an der Fachschule für Wirtschaft, die sie 2012 als staatlich geprüfte Betriebswirtin, Schwerpunkt BWL/Controlling, abschloss. Damit war der Weg für eine anspruchsvolle Management-Assistenz geebnet. Die reine Sekretariatsarbeit trat immer mehr in den Hintergrund, inhaltliche Assistenz wurde zur Hauptaufgabe.

Nach einigen kürzeren Karrierestationen als Vorstandsassistenz und Office-Managerin landete Inga Berrenrath schließlich bei einem Arbeitgeber, der nicht nur im Namen, sondern auch im Tätigkeitsbereich einen Aufstieg bedeutete. Gute acht Jahre lang arbeitete sie bei der Next Level Integration GmbH in Köln, anfangs als Assistentin der Geschäftsführung und schließlich als Leiterin des Office-Managements und Sekretariats. Hier ging es um Software- und IT-Lösungen für die Energiebranche, das bedeutete Mitarbeit am Puls der Zeit, moderne Office-Umgebungen, New Work – für die junge Mutter ein Umfeld, in dem sich Kind und Karriere so reibungslos wie möglich verbinden ließen. „Damals war gerade Skype die Technologie des Tages. Wenn ich von Zuhause aus arbeitete, lief ein großer Teil unserer Kommunikation per Mail und eben über diesen Messaging-Dienst“, erzählt die Management-Assistentin.

HIGH TECH ZUM ANFASSEN

Seit Juni 2020 ist sie bei dem Kölner Unternehmen Sprint Sanierung GmbH angestellt. Handwerk, kombiniert mit Technologie und Forschung, das ist für die gelernte Kauffrau für Bürokommunikation mit BWL-Studium ein neues, anderes Arbeitsumfeld. „Nach fast acht Jahren in der IT-Branche war das durchaus ein Kulturwechsel“, sagt sie, „und der hatte so seine Stolpersteine, das gebe ich zu.“ Mittlerweile jedoch fühle sie sich in dem großen Betrieb mit knapp 1500 Mitarbeitenden, verteilt über ganz Deutschland und sogar in Italien, „sehr, sehr wohl“: „Man sieht, was passiert, man sieht, wie etwas passiert, man ist nah dran am Geschehen“, das ermögliche einen viel direkteren Bezug zur Arbeit. Und, vielleicht das Wichtigste für sie und die Kolleginnen und Kollegen bei Sprint: „Wir helfen Menschen.“ Die verheerende Wirkung von Wasser und Feuer erleben Menschen seit jeher auf der ganzen Welt. In Folge des Klima-Notstands werden elementare Katastrophen immer häufiger, Menschen sterben oder verlieren ihr Zuhause, sie geraten in existenzielle Not.

Dass das auch mitten in Deutschland passieren kann, zeigte zuletzt die Flutkatastrophe im Juli 2021 erst im Süden Deutschlands und auch im rheinland-pfälzischen Ahrtal, wobei 134 Menschen ums Leben kamen und tausende ihr Dach über dem Kopf verloren. Es war sicherlich der schlimmste und emotionalste Einsatz, den die Männer und Frauen der Firma Sprint Sanierung seit ihrer Gründung im Jahr 1973 erlebten. Doch auch die weniger weitreichenden Fälle von Wasser- und Brandschäden gehen oft mit menschlichen Schicksalen einher, Sanierung und Wiederaufbau ist dann mehr als „nur“ handwerkliche Dienstleistung.

Bei ihrem aktuellen Job sei es für sie die größte Freude, „dass man Menschen nach Unglücksfällen wieder ihre trockenen, warmen Wände zurückgeben kann“, sagt Inga Berrenrath. Für ihren Chef Olaf Arns, Maschinenbauingenieur, MBA und selbst passionierter Handwerker, organisiert die Geschäftsführung-Assistentin das Backoffice, mit den üblichen Aufgaben wie Auswertungen erstellen, Korrespondenz und Termine verwalten, Veranstaltungsplanung etc. „Doch am wichtigsten empfinde ich meine Funktion als täglicher Sparring-Partner“, sagt sie, „wir arbeiten und kommunizieren auf Augenhöhe miteinander. Das ist es, was unsere gute Beziehung ausmacht.“

Mit einem täglichen Check-in um acht Uhr morgens beginnt der gemeinsame Arbeitstag, entweder präsent im Corporate Office oder virtuell vom Homeoffice aus. Darüber ist sie sehr froh: „Bei den vielen Themen, die wir bearbeiten, und bei den vielen Ereignissen, die für uns hier bei Sprint eine Rolle spielen, ist das mehr als notwendig.“ Olaf Arns ist für alle Führungskräfte der insgesamt 47 Profit Center zuständig, „die gesamte Kommunikation geht über mich“, berichtet die Management-Assistentin, „bis auf vertrauliche Themen habe ich vollen Postfachzugriff bei meinem Chef.“

LANGEWEILE IST EIN FREMDWORT

Projekte, Freigaben, Beschwerdemanagement, Neueinstellungen, all das läuft über die Geschäftsleitung und gehört somit auch zum Aufgabenspektrum der Management-Assistentin: „In dieser Branche wird einem wirklich nie langweilig. Unsere F&E-Abteilung erarbeitet in Kooperation u. a. mit dem Fraunhofer Institut stetig Verbesserungen in Sachen Trocknung und Schadstoffsanierung, und wir haben schon diverse Patente angemeldet.“ Seit sie bei Sprint arbeitet, komme sie mit ganz neuen Bereichen in Kontakt, erzählt sie, auch weil sie seit einigen Monaten zusätzlich Dr. Christoph Kerner bei seinen Aufgaben als Geschäftsführer Technik/IT unterstützt. „Da geht es dann etwa darum, wie man Vorgänge wie das Trocknen energieeffizienter gestalten kann. Mit der jüngst patentierten Lösung ‚DryPanel® Pro‘ sind wir bei bis zu 75 Prozent Energieersparnis bei der Trocknung! Es macht sehr viel Spaß, diese wissenschaftliche Arbeit mitzuerleben.“

TÄGLICHES TROUBLESHOOTING

Dass die Mutter von zwei kleinen Töchtern, eins und vier Jahre alt, einen Fulltime-Job mit 40-Stunden-Woche hinbekommt, wäre ohne digitale Technologie nicht denkbar. Mindestens ebenso wichtig sei für das Gelingen aber auch die Kooperation aller Beteiligten, sagt die 35-Jährige. „Mein Chef lässt mir bei der Organisation meines Job-Alltags weitgehend freie Hand. Seine Devise lautet, Hauptsache, die Dinge werden erledigt und wir erreichen unser Ziel“, und das klappt offenbar auch ohne ständige Office-Präsenz. „Er ist ohnehin viel unterwegs in unseren Niederlassungen, nimmt an den Sitzungen der zahlreichen Arbeitskreise teil, ist sehr nahbar – das schätzen die Mitarbeiter.“

Dass man sich zwischendurch immer wieder sieht, ist sicherlich die Basis für das gute Verstehen über verschiedenste Kanäle. „Ich denke seinen Tag mit und versuche, ihn ständig auf dem Laufenden zu halten. Ein uneingeschränkter Informationsfluss in beide Richtungen ist mir ungeheuer wichtig.“ Dass dabei auch das Persönliche nicht zu kurz kommt, empfindet die Management-Assistentin als besonders an ihrem Job-Verhältnis zu Olaf Arns. „Es ist eben nicht nur eine rein sachliche Kommunikation, wir tauschen auch mal private Tipps aus, wir fluchen und wir lachen miteinander“ – das hält bei der Stange, meint sie, „denn gerade die letzten Jahre waren eine riesige Herausforderung, mit den vielen Corona-Einschränkungen und zwei kleinen Kindern.“ Nach wie vor sei eigentlich jeder Tag ein Jonglieren mit Unvorhergesehenem, beruflich und privat. „Mein Mann und ich sind eigentlich ständig im Notfall-Modus und immer am Organisieren.“ Sie ist froh und dankbar, dass es auch in der Familie so gut klappt mit der Team-Arbeit.

EVENT-PLANUNG IST IHRE LEIDENSCHAFT

Dass zum Office-Management in vielen Büros mittlerweile auch die Veranstaltungsplanung gehört, ist für sie ein besonders freudiger Aspekt ihres Berufs. „Wäre Corona nicht gekommen, wäre ich womöglich Hochzeitsplanerin geworden“, lacht sie, aber so macht es fast noch mehr Spaß – für die eigenen Leute ein Event auf die Beine stellen, denn die Sprint Sanierung GmbH wird in diesem Jahr 50 Jahre alt. Im Oktober ist es so weit, bis dahin ist noch viel zu tun, und natürlich geht es nicht nur ums Feiern. „Ereignisse wie die Flutkatastrophe im Ahrtal haben uns gezeigt, dass wir uns in Zukunft neuen Herausforderungen stellen müssen, dafür brauchen wir die entsprechenden Strukturen und Planungssicherheiten.“

Sehr viele Ideen von den Mitarbeitenden liegen bereits auf dem Tisch, das alles muss sortiert, besprochen, sondiert und dann in die Wege geleitet werden. Ein anspruchsvolles Jahr wird es wieder werden, Inga Berrenrath freut sich drauf, auch wenn das bedeutet, dass das Ausbalancieren von Beruf und Familienleben sicherlich nicht einfacher wird: „Ich bin da, wo ich gern sein möchte in meinem Leben. Und ich würde den Beruf jederzeit weiterempfehlen, jedenfalls, wenn man ihn so wie hier gestalten kann, als Assistenz auf Augenhöhe. Dann ist es wirklich ein Traumberuf.“