OFFICE-STAR: Barbara Seifert erlebt als Office-Managerin bei einem internationalen Planungs- und Beratungsbüro einen besonders spannenden Aspekt ihres Berufs.
OFFICE-STAR: Barbara Seifert erlebt als Office-Managerin bei einem internationalen Planungs- und Beratungsbüro einen besonders spannenden Aspekt ihres Berufs. © Andreas Preuss

Und der Laden läuft

Die Europasekretärin arbeitet bei der Arup Deutschland GmbH in Berlin als persönliche Assistenz und als Office Managerin. Eine sehr anspruchsvolle Kombination, sie selbst sieht darin die Zukunft des Büroberufs. Ein Vorausdenken nicht nur in eigener Sache.

Wie sehen unsere Städte, Gebäude und Infrastrukturen von morgen aus, was bringt Menschen zusammen und warum ist New Work durchaus auch gewöhnungsbedürftig? Barbara Seifert hat auf alle diese Fragen eine Antwort, sie sind Teil ihres Jobs – und nicht zuletzt der Grund dafür, warum sie bei ihrem jetzigen Arbeitgeber gelandet ist.

Seit 2012 engagiert sie sich bei ANiD (Assistenznetzwerk in Deutschland) und hat auf der Suche nach einem neuen Chef einfach mal hineingefragt – prompt antwortete jemand mit einem Tipp, der sie zu Arup führte. Urbane Infrastrukturen und Gebäude von morgen wollen nachhaltig sein, Raum schaffen für kommunikative Zusammenarbeit und eine hohe Aufenthaltsqualität bieten – Arup bietet dafür Beratung, Konzepte und Planung. Und New Work? Na ja, sagt die 61-Jährige, die über den Wandel des Berufs vom klassischen Sekretariat hin zum Office Management überaus froh ist, „da gibt es schon ein paar Dinge, die mir immer noch nicht leichtfallen“.

Das generelle Duzen bis hin zum Vorstand zum Beispiel, oder, noch ein bisschen schwieriger, während der Arbeitszeit „einfach mal nichts zu tun“: „Wir haben hier einen schönen Lounge-Bereich, die jungen Leute nutzen den ganz selbstverständlich, die haben heute ein anderes Verständnis von Work-Life-Balance. Ich muss mich immer noch regelrecht dazu zwingen, mir mal einen Espresso zu ziehen und mich für fünf Minuten dort hinzusetzen.“

EINE STIMMUNG WIE IM START-UP

Dass dies keine echten Probleme sind und Innovation ganz andere Verwerfungen mit sich bringen kann, ist der Wahl- Berlinerin selbstverständlich bewusst. Deshalb nimmt sie sehr aufmerksam wahr, wie man im Haus mit Themen wie KI, Digitalisierung, Virtual Reality etc. umgeht. Den Geist von Zukunftsorientierung spüre sie sehr deutlich, sagt Barbara Seifert, zum Beispiel wenn die multidisziplinären Teams zu Besprechungen zusammenkommen: „Wir haben hier keine geschlossenen Büros, alle haben ihre Türen immer offen. Da kriegt man schon was mit, von der Stimmung, vom Brainstorming. Ich empfinde das als sehr inspirierend.“

Die Teams sind jung, international, diskutiert wird auf Augenhöhe, unabhängig von der Position, „es menschelt“, und: „Manchmal hat man das Gefühl, man sitzt in einem Start-up.“ Tatsächlich wurde das Unternehmen ursprünglich Mitte der 1940er Jahre gegründet, vom britisch-dänischen Ingenieur Sir Ove Arup, ein weltbekannter Baumeister mit philosophisch- künstlerischen Denkansätzen. Mittlerweile arbeiten weltweit rund 18.000 Menschen an Projekten in 140 Ländern bei Arup, in Deutschland sind es mehr als 300 Kolleginnen und Kollegen, verteilt auf die drei Standorte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt.

BESTE ARBEITSBEDINGUNGEN SCHAFFEN

Barbara Seifert hat ihr Büro in Berlin, mitten in der City, in der sechsten und siebten Etage eines modernen Bürogebäudes, dem City Light House. Rund 2000 Quadratmeter stehen hier rund 200 „Arupianern“ zur Verfügung, mit Komplett-Verglasung, innenliegenden Terrassen und, wie könnte es anders sein, new-work-inspiriertem Ambiente. „Wir waren zum Beispiel mit die ersten, die eine grüne Wand installiert haben“, eine vertikale Raumbegrünung, „Wellness für die Augen und frische Luft für die kreativen Köpfe hier“, erzählt die Assistentin.

Für die wechselnden Meeting-Größen gibt es bewegliche Konferenzraumwände, die die Office Managerin entsprechend bewegen lässt, und wenn es Grund zum Feiern gibt, dann steigt das Team am liebsten aufs Dach, dort lädt eine Terrasse zum Rundum-Blick über Berlin ein.

Seit Januar 2014 ist Barbara Seifert bei Arup beschäftigt. Sie arbeitet als Personal Assistant to the Office Leader in Berlin, Diplom-Ingenieur Oliver Schwabe, der für Arup auch die Abteilung Advanced Building Engineering leitet. Seit 2017 hat sie eine Doppelfunktion inne. Es war ihr Chef selbst, der mit seiner Ernennung zum Büroleiter auf einer effizienten Unterstützung bestand, um diesem umfangreichen Aufgabengebiet gerecht zu werden. So entstand in Abstimmung mit ihrem Vorgesetzten die Funktion Office Management, mit der sie Oliver Schwabe nicht nur als Personal Assistant, sondern zudem organisatorisch bei seiner Aufgabe als Büroleiter unterstützt.

„Das Office Management umfasst alles, was mehr oder weniger direkt mit den Räumlichkeiten hier zu tun hat“, sagt sie, und zählt auf: „Unterstützung am Service Deck, Schnittstelle zur Hausverwaltung, Schnittstelle zum Eigentümer bzw. Vermieter, Koordination von Handwerksarbeiten, Ansprechpartnerin für die Gebäudereinigung und die Pflanzenpflege, für die Versicherungspolicen, für den Einkauf, die Firmenkreditkarte, für Anschaffungen aller Art für das Berliner Office und für die allgemeine Büroordnung.“

AUCH EVENTS MANAGT SIE

Hinzu kommt das Event Management, was neben Veranstaltungen am Standort Berlin auch die Organisation von Workshops für diverse Teams außerhalb Berlins umfasst. „Ich arbeite hier in einem Team“, erklärt Barbara Seifert: „Meine Kollegin und ich kümmern uns um das Office Management, es gibt zwei Assistentinnen der Geschäftsleitung und eine Werksstudentin. Koordiniert wird unser Team von einer Teamleitung.“ Möglich sei diese Doppelaufgabe, weil die klassische Assistenz heute viel effizienter zu gestalten ist als noch Anfang der 1980er Jahre, als die Abiturientin drei Jahre lang an der Akademie für Wirtschaft und Verwaltung zur Europasekretärin ausgebildet wurde.

„Ich erinnere mich gut an einen Satz, den wir dort zu hören bekamen – ‚Seien Sie immer so frisch und appetitlich wie die Speisen und Getränke, die Sie servieren‘“, erzählt sie aus Ihrer Ausbildungszeit in Bad Waldliesborn in Ostwestfalen. „Unglaublich, wie sehr sich das Berufsbild seitdem weiterentwickelt hat.“ Ihre Aufgabe als PA für ihren Chef Oliver Schwabe erledigt sie wie alle Berufskolleginnen und -kollegen längst digital und weitgehend selbstständig: „Kalendermanagement und Terminkoordination, Reisebuchungen und -abrechnung, Organisation von Teamevents und Workshops … Ich halte ihm in beiden Rollen den Rücken frei.“ Vieles machen Chefs heute ja auch längst selber, sagt sie, „sonst wäre das in dieser Kombination tatsächlich nicht machbar. Aber ich mag die beiden Aufgabenbereiche und ich wusste, worauf ich mich einlasse.“

MEHR WEITERBILDUNG FÜRS OFFICE MANAGEMENT

Dennoch war sie überrascht, dass es noch nicht so viele Seminare speziell für das Office Management gibt. „Zum Beispiel zu den Themen Hausverwaltung, Mietverträge, Eigentümer, eigentlich alles, was mit dem Facility Management zusammenhängt. Das muss man ja erst einmal lernen. Ich habe mich da reingearbeitet.“ In ihrem Netzwerk ANiD, sie gehört zum Moderatoren-Team, gebe es einige Kolleginnen und Kollegen, die solche Aufgaben übernommen haben. Doch das Berufsbild habe das noch nicht so richtig auf dem Radar, „da gibt es noch eine Lücke, finde ich.“ Das Netzwerk sieht sie als gute Möglichkeit, diesen noch recht neuen Aspekt des Berufs sichtbar zu machen und für entsprechende Qualifikationsmöglichkeiten zu sorgen, ihre eigene Erfahrung als Office Managerin bringt sie gern ein.

Den Service-Gedanken behält sie dabei immer im Blick, „wir sind nun mal Dienstleister in diesem Beruf, egal auf welcher Ebene.“ Dafür zu sorgen, dass der Laden läuft, das ist genau das, was sie mag, und: „Wir haben dabei so viel Entscheidungsfreiraum, das ist das Schöne an diesem Beruf. Ich finde, das kann man gar nicht oft genug sagen.“ Auf der anderen Seite bedeute das aber auch, stark eingebunden zu sein: „Einfach so den Griffel fallen lassen, das geht eben nicht. Wenn noch etwas zu erledigen ist, dann muss das gemacht werden.“ Es werde einem viel abverlangt in der Assistenz, „andererseits hat dieser Beruf so viele Facetten, ich erlebe das hier ja gerade selbst.“

Mehrarbeit kann sie bei ihrem Arbeitgeber immer wieder „abfeiern“, und seit Corona gibt es die Möglichkeit, zwei Tage die Woche im Homeoffice zu arbeiten, was sie allerdings so gut wie nie nutzt: „In der Funktion als Office Managerin muss ich einfach vor Ort sein.“ Aber die Option ist da, „das empfinde ich als echte Bereicherung für unseren Beruf. Es hängt allerdings immer sehr von der Einstellung des Chefs oder der Chefin ab, ob und wie das umgesetzt werden kann.“

EINE ANDERE HALTUNG ZUM BERUF

Der Blick zurück mache sie zufrieden, erzählt die gelernte Europasekretärin, „die Aufgaben waren spannend“, und auch menschlich habe es gestimmt: „In den über vierzig Jahren Berufsleben hatte ich immer nur super Chefs, bis auf ein paar Monate, wo es mal nicht harmonierte, da bin ich schnell gegangen.“

Angefangen hat sie als Teamassistenz bei dem japanischen Unternehmen Hitachi in der Sparte Automotive, dann folgten sechs Jahre Privatassistenz bei einem familiengeführten Unternehmen – „so ein Family Office ist schon ein einmaliges Erlebnis“ –, anschließend wechselte sie in die Bauindustrie und bleibt der Branche bis heute treu. Bei Arup zu arbeiten macht ihr Spaß. „Ich mag die junge, fröhliche Atmosphäre“, die offene und ehrliche Kommunikation, und, ja, auch den durchaus anderen Umgang mit Arbeits- und Lebenszeit und mit Hierarchien.

„Meine Generation hat das einfach noch anders gelernt.“ Für die Jungen sei der Job nicht mehr alles: „Ob Homeoffice oder Viertage-Woche – Work-Life-Balance ist heute viel selbstverständlicher. Die ganze Haltung ist eine andere.“ Auch das sieht sie als etwas Besonderes an ihrem Berufsbild, „man erlebt den Wandel in der Arbeitswelt hautnah mit, lernt ständig dazu, ist mittendrin. Genau das liebe ich.“