OFFICE-STAR: Früher Assistentin, heute selbstständig: Katharina Krentz gründete Connecting Humans und vermittelt digitale Kompetenz – „ein tolles Office-Thema!“
OFFICE-STAR: Früher Assistentin, heute selbstständig: Katharina Krentz gründete Connecting Humans und vermittelt digitale Kompetenz – „ein tolles Office-Thema!“© Cathrin Bach

Dem Wandel immer einen Schritt voraus

Nach vielen Jahren Festanstellung in einem Großkonzern wechselte die frühere Assistentin in ein ganz neues, eigenes Business. Mit Connecting Humans setze sie ihre berufliche Weiterentwicklung logisch fort, sagt sie. Ihrem ursprünglichen Beruf bleibt sie dabei durchaus verbunden, von den Fähigkeiten und dem Netzwerk profitiert sie bis heute.

Der Wechsel in die Selbstständigkeit wird im Assistenzberuf immer häufiger, und jede Gründungsgeschichte hat ihren eigenen Charme. Diese hier zeugt vor allem von einer großen Chancen-Intelligenz, der Fähigkeit also, zu erkennen, wie man das Beste aus einer Situation, einer neuen Technologie, einer Herausforderung macht. Katharina Krentz besitzt diese Fähigkeit offenbar, „ich bin pragmatisch und zielorientiert“, sagt sie von sich selbst, „der Satz ‚das geht nicht‘ spornt mich an.“ Diese Haltung hat sie beruflich weit gebracht, aber auch Kraft gekostet. Doch davon später mehr.

Zunächst einmal gehen wir an den Anfang und wollen wissen, warum jemand, die doch eher eine Macherin ist, sich für einen Beruf entscheidet, der üblicherweise in der zweiten Reihe verortet wird. „Mit 14, 15 war ich ziemlich beeindruckt vom Beruf der Assistentin, so wie ich ihn im beruflichen Umfeld meines Vaters kennengelernt hatte“, erzählt sie. Deshalb entschied sie sich nach der Schule für eine Ausbildung zur Bürokauffrau, 1995 bis 1997 war das. „Ich brachte genau die Kompetenzen mit, die für den Assistenzberuf wichtig sind: hohes Organisationstalent, gern in der zweiten Reihe, tausend Dinge um mich herum und Kontakt zu vielen Menschen. Eine gute Basis für eine solide Assistenzkarriere, denn nur vier Jahre später, 2001, hatte die gebürtige Fränkin bereits die Position einer Direktionsassistentin erreicht.

TECHNOLOGIEN RICHTIG EINGESCHÄTZT

Im Sommer 2005 wechselte Katharina Krentz zur Robert Bosch GmbH, als „Administrative Assistant Produktbereichsleitung“ im Segment Automotive Aftermarket. Damit war sie in einem international agierenden Großkonzern angekommen, mit den dafür typischen Strukturen – strikte Hierarchien, Silo-Denken, klar geregelten Prozessen – aber eben auch mit einer breiten Palette fachlicher Herausforderungen und Optionen.

2011 kam das Thema Social Media im Unternehmen auf, das Internet wandelte sich gerade zum Dialog-Medium, erinnert sich die heute 43-Jährige. Mit damals Anfang Dreißig stand sie dieser Zukunftstechnologie aufgeschlossen gegenüber, sie kannte sich damit sogar schon ziemlich gut aus dank ihrer privaten Nutzung diverser Plattformen. „Da hatte ich einfach mehr Ahnung als die meisten zu der Zeit“ – eine große Chance, wie sich bald herausstellte.

Sie stieg tiefer in das Thema ein, machte etwas weniger Assistenz und befasste sich mehr und mehr mit der jetzt zusätzlich plattformbasierten internen Kommunikation und Kollaboration bei Bosch, zunächst als Teilprojektleitung, schließlich aber mit immer mehr Verantwortung. „Projektleiterin Enterprise 2.0“ lautete ihre Positionsbezeichnung ab März 2011. Der Wechsel von der Assistenz in die Sachbearbeitung war vollzogen. Fachlich habe das gut geklappt, doch die neue Rolle musste sie sich ziemlich schwer erkämpfen, erinnert sie sich; zu starr waren damals noch die Strukturen und das Rollenverständnis in dem Technologie-Konzern.

Aber es gab auch Unterstützung, das ist wiederum der Vorteil eines so personalstarken Unternehmens. Eine damalige Vorgesetzte bestärkte die junge Frau in ihrer Zielstrebigkeit und fand mit ihr gemeinsam einen Weg, die neue Funktion solide in den Unternehmensstrukturen zu verankern und den nächsten Karriereschritt zu ermöglichen. „Wenn es ein Studium gibt, das inhaltlich interessant ist und ich für den Job gut nutzen kann, dann mache ich noch einen akademischen Abschluss“, lautete die Vereinbarung. Und so begann sie 2015 mit dem berufsbegleitendem Studium Medien- und Kommunikationsmanagement an der SRH Fernhochschule.

DA FEHLT DOCH EIN BERUFSBILD …

Zugleich erforderte es ihre neue Aufgabe, häufig an die vielen anderen Bosch-Standorte zu reisen, auch im Ausland, und dort die neuen Kommunikations- und Kollaborations-Tools sowie neue Arbeitsmethoden vorzustellen. Die Doppelbelastung war „ganz schön herausfordernd“, erinnert sie sich, „fast fünf Jahre lang ging das so, oft habe ich schon ganz früh am Morgen gelernt“. 2013 wechselte sie in das Zentralprojekt ‚Enabling Enterprise 2.0‘. Sie entwickelte das Berufsbild, den Karrierepfad und die nötigen Weiterbildungen des internen Community-Managers.

2015 entdeckte sie die Selbstlern-Methode WOL – Working Out Loud – probierte sie aus und war begeistert. Das brauchen wir auch, beschloss sie und holte die Methode ins Unternehmen – „es wurde die bisher größte Graswurzelbewegung bei Bosch“. Stetig und mit wachsender Verantwortung begleitete die New Work-Expertin die digitale Transformation bei ihrem Arbeitgeber und wuchs mit den Herausforderungen. 2019 war der erfolgreiche Abschluss des Fernstudiums geschafft, im November 2019 gründete sie im Nebenberuf die Marke Connecting Humans – ein erster entscheidender Schritt in die Selbstständigkeit und zur persönlichen, frei gestalteten Weiterentwicklung.

BURNOUT ALS WARNSIGNAL

Innerhalb von einem knappen Jahrzehnt hatte sich die frühere Assistentin so viel Erfahrung, Wissen und Methoden-Handwerk angeeignet, dass sie sich zutraute, nicht nur intern Prozesse zu begleiten, sondern es auch anderen Unternehmen und auch Einzelpersonen anzubieten. Die Entstehungsgeschichte von Connecting Humans wird auf der Website sehr persönlich und transparent erzählt; heute sind drei Frauen mit der Marke aktiv. Eine Erfolgsgeschichte einerseits, doch auch von ihrem Burnout erzählt die New-Work-Expertin dort, „2016 bin ich das erste Mal in einen solchen Erschöpfungszustand hineingeraten“.

Die Zweigleisigkeit von Festanstellung und Freiberuflichkeit war eine kräftezehrende Angelegenheit, doch das sei nicht der Grund dafür gewesen, dass es Ende 2022 fast wieder zu einem ähnlichen Gefühl des Ausgebranntseins gekommen wäre. „Dass es im Konzern für mich irgendwann nicht mehr weiterging, wurde mir klar, als ich dort in ein Umfeld und in eine Funktion geraten war, die mir nicht lag“, sagt sie. „Wenn ich liebe, was ich tue, empfinde ich das nicht als Arbeit und kann auch mal rund um die Uhr arbeiten“, doch Unzufriedenheit im Job und im Umfeld, das sei für sie auf Dauer nicht auszuhalten. „Ich bin sicher, das war der eigentliche Grund dafür, dass ich beinahe wieder über meine Grenzen gegangen wäre. Die eigenen Überzeugungen und Stärken in die Arbeit einbringen, in ein Umfeld, dass diese wertschätzt und nutzt, das ist die unbedingte Grundvoraussetzung.“ Eine Veränderung musste her. Und so beschloss sie, „den sicheren Hafen“ einer Festanstellung im Großkonzern aufzugeben und sich ganz und gar der eigenen Geschäftsidee zu widmen.

EINE LEADERSHIP-LERNREISE MIT NETZWERK-EXPERTISE

Tatsächlich hat sie nun die Zeit und den Freiraum, um ihre Vorstellungen von New Work und digitaler Transformation weiterzugeben und ihre Herzensthemen, wie das Stärken und Vernetzen von Frauen, voranzutreiben. Themen, die ihr früher gefehlt haben, kann sie jetzt selbst entwickeln und frei gestalten. Gerade erst ist eine neu entwickelte „Leadership-Lernreise“ gestartet, 19 Gruppen à vier Personen sind dabei, über 12 Wochen arbeitet man intensiv rein virtuell zusammen. Ein Jahr Vorbereitung steckt in dem Programm, zentraler Lernort ist ein virtuelles Whiteboard, „da stellen wir multi-medial alle Lerninhalte zur Verfügung, die bearbeitet, diskutiert und reflektiert werden.“

Zwei Expertinnen hat Katharina Krentz für die Leadership- Reise ins Boot geholt, eine mit über 30 Jahren Erfahrung im Führungskräfte-Training und eine für First-Time-Leadership. „Zusammen mit einem erfahrenen 5-köpfigen Expertenteam entwickeln, steuern und begleiten wir diese Lern- und Trainingsreise, über regelmäßige Events vernetzen wir uns und lernen wir von- und miteinander. Denn für solche Lernreisen braucht es Expertise, die ich alleine nicht habe und die dann aus einem diversen, co-kreativen Team kommt.“

Den Assistenzberuf schätzt die New Work-Expertin nach wie vor, für sie war er eine ideale Startrampe. „Neue Technologien haben dort maximal Einzug gehalten, beinahe jede formale Aufgabe ist mittlerweile technologiegestützt.“ Um die Zukunft des Berufsbildes fürchtet sie nicht: „Je digitaler unsere Welt wird, desto mehr sehnen wir uns nach echter Menschlichkeit. Und genau da wird die Assistentin, wird der Assistent den großen Unterschied machen. Wir brauchen mehr Kommunikation, Moderation, gegebenenfalls Mediation, Team-Coaching und ständige Weiterentwicklung. Und das ist und bleibt eine unersetzliche Aufgabe, die zudem Perspektiven öffnet auch in andere Bereiche. Diese Freiheit haben wir in dem Beruf mittlerweile: Genau das daraus zu machen, was unseren Fähigkeiten und Neigungen entspricht.“