Bereit für die Zukunft? Expertenimpulse für die eigene und die kollektive Entwicklung.
Bereit für die Zukunft? Expertenimpulse für die eigene und die kollektive Entwicklung. © Nuthawut/AdobeStock

Agilität: Was uns wirklich wachsen lässt

Wie wir auf aktuelle und zukünftige Veränderungen und Krisen reagieren, bestimmt unsere Arbeit und unseren Alltag. Expertinnen aus unterschiedlichen Disziplinen geben Impulse für die eigene und die kollektive Entwicklung.

Der Begriff Agilität beschreibt ein wirtschaftliches Konzept, nach dem sich Personen oder Organisationen in gewachsenen Strukturen und Veränderungsprozessen bewegen und immer wieder anpassen. Das kann zum Beispiel passieren, indem wir flexibel und proaktiv auf unvorhergesehene Ereignisse oder neue Anforderungen reagieren. Expertinnen aus den Feldern Zukunftsforschung, Psychologie und digitale Arbeitswelt blicken aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Möglichkeiten, wie wir uns innerhalb einer von Krisen geprägten Welt bewegen und entwickeln können.

So meisten wir Krisen besser

Die Allgegenwart von Begriffen wie „undenkbar“ oder „unvorstellbar“ verrate viel über den Zustand der Welt, sagt Jane McGonigal, „wir fühlen uns von der Wirklichkeit überrumpelt“. Die Spieleentwicklerin und Forschungsleiterin am Institute for the Future in Palo Alto, Kalifornien, gilt als eine der einflussreichsten Zukunftsforscherinnen weltweit. Ihre Planspiele halfen dabei, Verläufe einer Finanzkrise oder sogar der Corona-Pandemie zu simulieren. Mit ihrem Buch „Bereit für die Zukunft“ will die Wissenschaftlerin zu einem agilen Zukunftsdenken verhelfen, um kommende Krisen besser meistern zu können. Wie wird die Welt in zehn Jahren aussehen? Welche Folgen werden Klimawandel, technologischer Fortschritt und gesellschaftliche Umbrüche haben?

Die Zukunft „spielen“

Wirklich vorhersagen lässt sich die Zukunft nicht. Doch Jane McGonigal glaubt, dass wir uns gedanklich auf etwas vorbereiten können, was heute noch niemand kommen sieht. Anhand von realistisch anmutenden Spielen, Szenarien und Simulationen zeigt die Zukunftsforscherin, wie wir die entsprechenden Fähigkeiten entwickeln können: Ein Denken, das auf unvorhergesehene Herausforderungen schneller reagiert; die Inspiration, heute die richtigen Weichen für unser Leben in der Zukunft zu stellen; die Kreativität, Probleme auf andere Art zu lösen. So können wir besser vorbereitet auf künftige Entwicklungen reagieren, die uns jetzt vielleicht noch unvorstellbar erscheinen.

Diese Erfahrungen haben für uns die größte Schubkraft

Krisen, Karriere, Kinder: Was prägt uns eigentlich am meisten? „Unsere Persönlichkeit ist nicht statisch, sondern verändert sich ein Leben lang“, sagt Eva Asselmann. Die Professorin für Differentielle und Persönlichkeitspsychologie an der Health und Medical University Potsdam entwickelt anknüpfend an ihre Forschungsprojekte Coachings und Trainings zu den Themen Persönlichkeitsentwicklung, Resilienz, Stressmanagement und Entspannung.

Laut persönlichkeitspsychologischer Forschung sind Wachstum und Weiterentwicklung in jedem Lebensabschnitt und bis ins hohe Alter möglich. Eva Asselmann stellt in ihrem Buch „Woran wir wachsen“ die neuesten Studien auf diesem Gebiet vor. Sie zeigt, wie sich wichtige Lebensereignisse auf einzelne Facetten unserer Persönlichkeit auswirken. Demnach lässt uns zum Beispiel die Geburt eines Kindes weniger reifen als unser erster Beruf. Zudem geht Eva Asselmann der Frage nach, inwiefern sich die eigene Persönlichkeit sogar gezielt verändern lässt. Die Erkenntnisse der Persönlichkeitspsychologin zeigen, welche Erfahrungen die meiste Schubkraft haben. Das Wissen darum kann dabei helfen, an neuen Situationen und Herausforderungen zu wachsen.

In Zukunft besser arbeiten – so geht es!

Sara Weber ist Journalistin und Expertin für die Arbeitswelt der Zukunft. Sie war als Redaktionsleiterin von LinkedIn das Gesicht des Netzwerks in Deutschland, bis sie während der Covid-19-Pandemie kündigte und sich selbstständig machte. So wurde sie Teil eines Trends, der in den USA „The Great Resignation“ oder „Big Quit“ genannt wird und beschreibt, wie Arbeitnehmende seit 2021 in großer Zahl freiwillig kündigen. In ihrem Buch „Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?“ erklärt Sara Weber die gegenwärtige Bewegung, geht den Fragen zur Zukunft des Arbeitens nach und zeigt Lösungen auf, die Arbeit besser machen können.

Laut Sara Weber hat die Pandemie deutlich gemacht, was an der Arbeitswelt nicht mehr funktioniert: Durch die Digitalisierung drängte sich die Arbeit weiter hinein ins restliche Leben, zur Erwerbsarbeit kam noch mehr Care-Arbeit hinzu. Die Schere zwischen systemrelevanten Berufen und Bürojobs ging weiter auf. Eine Transformation der Arbeitswelt ist nötig, doch nach Meinung der Expertin kann weder durch agile Methoden noch durch ein Yoga im Alltag ein für alle verträgliches und nachhaltiges Wirtschaften gelingen. In ihrem Plädoyer legt sie den Fokus auf Gerechtigkeit, Zukunftsfähigkeit, Nachhaltigkeit und die Gesundheit des Menschen. „Gemeinsam haben wir die Chance, eine neue Arbeitswelt zu bauen, die besser funktioniert – für uns alle. Wir müssen es nur machen.“