Kommt man flotter voran, wenn man den auf Text spezialisierten Bot ChatGPT nutzt? Kann man sich Kundenanschreiben, Mails oder Verträge generieren lassen? Kennt die KI funktionierende Excel-Formeln, die man nur noch kopieren muss? Oder braucht man in naher Zukunft keine (Software-)Kenntnisse mehr, weil Maschinen uns das abnehmen?
Rund um die KI gibt es viele Fragen und Unsicherheiten. Jedenfalls dringt sie zunehmend in unsere Arbeitswelt vor. Es ist gut, sich damit zu beschäftigen. Um es mit den Worten von Marianne Janik, der Vorsitzenden von Microsoft Deutschland zu sagen, darf man bei dieser Entdeckungsreise nicht zu spät zusteigen und auf den hinteren Sitzen Platz nehmen. Wer mitentscheiden will, wo die Reise hingeht, muss ins Cockpit!
EIN BLICK HINTER DIE KULISSEN
Betrachten wir uns die populäre Chat-Maschine genauer. Bei ChatGPT handelt es sich um eine sprachbasierte Anwendung, die dem Nutzer die Möglichkeit zum Dialog gibt. Das Kürzel GPT steht dabei für Generative Pretrained Transformer: Das Programm wurde unter Aufsicht trainiert und lernt nun eigenständig weiter. Entwickelt wurde es vom US-amerikanischen Unternehmen OpenAI. Im November 2022 hat die Firma den Chatbot veröffentlicht – innerhalb von fünf Tagen hatte er bereits über eine Million Nutzer. Im Januar dieses Jahres waren es schon mehr als 100 Millionen!
ChatGPT ist öffentlich zugänglich, wohl auch ein Grund für seine Bekanntheit. Aber es ist nicht die einzige KI in diese Richtung. Etwa drei Viertel solcher Anwendungen stammen wie ChatGPT aus den USA. Eine Ausnahme bildet die KI DeepL aus Köln, die beim Übersetzen fremdsprachiger Texte unterstützt. In Deutschland gibt es bei der Entwicklung von KI noch viel Luft nach oben. Hierzulande scheitert die Digitalisierung bzw. der Einsatz oft an unserem Umgang mit Daten oder an veralteter Technik. Fachkräftemangel und fehlende Weiterbildung kommen hinzu.
Microsoft ist bei OpenAI als Partner mit im Boot und hat bisher einen zweistelligen Milliardenbetrag in die Weiterentwicklung investiert. Es beabsichtigt, ChatGPT in seine Software zu implementieren, beispielsweise in die Suchmaschine Bing. Erste Nutzer des Browsers Edge, der die Suchmaschine verwendet, können bereits die neuen Chatvarianten testen (Stand: Februar 2023). Künftig soll ChatGPT in Teams eingebunden werden, um etwa Meeting-Zusammenfassungen zu erstellen oder Besprechungen live zu übersetzen. Es könnte ebenso gut in Programmen wie Outlook, Word oder Excel arbeiten. Anwendungsmöglichkeiten gibt es. So kann ChatGPT unter anderem verschiedene Programmsprachen analysieren oder Codes schreiben.
EINFACH: CHATGPT SELBST PROBIEREN
Über die Website chat.openai.com gelangt man zur KI. ChatGPT ist (vorerst) kostenlos, ein Plus-Tarif wird jedoch bereits angeboten. Wer einen solchen Account für ca. 20 Euro monatlich nutzt, hat gegenüber Gratiszugängen Vorrang und wird bei hoher Auslastung der Server vorrangig „bedient“. Eine Registrierung ist in jedem Fall erforderlich. Zwingend muss eine Mail-Adresse und Telefonnummer angeben werden. Anschließend erhält man einige Informationen zur KI und die Registrierung wird abgeschlossen. Ein vorhandenes Microsoft- oder Google-Konto kann für die Anmeldung verwendet werden.
Zeitweise sind die Server wegen vieler Anfragen überlastet. Dann bleibt nur, es später erneut zu versuchen oder auf eine Alternative zu ChatGPT zu setzen. Ist man eingeloggt, gibt es Vorschläge zu Eingaben, mit denen man ChatGPT probieren kann. Zudem finden sich Hinweise auf die Arbeitsweise und Einschränkungen der Maschine. Etwa, dass der Trainingsstand von ChatGPT lediglich bis 2021 reicht. Fragen, die sich auf einen späteren Zeitpunkt beziehen, werden nicht oder eingeschränkt verarbeitet.
Am unteren Fensterrand trägt man ins Eingabefeld eigene Fragen ein – auch auf Deutsch. Nach dem Absenden erhält man meist binnen Sekunden eine Antwort. In der linken Seitenspalte erscheinen diese Fragen. ChatGPT versieht sie automatisch mit einer selbst generierten Überschrift, unter der man die Unterhaltung später erneut öffnen, nachlesen oder korrigieren bzw. fortführen kann. Sind es zu viele oder braucht man eine nicht mehr, kann man sie löschen. Hinter der Überschrift gibt es dafür kleine Schaltflächen. Ganz unten in der Spalte sieht man eine Handvoll Einstellungen bzw. Zugriff auf die FAQ. Die Bedieneroberfläche ist einfach und übersichtlich.
WIE FUNKTIONIERT DIE KI UND WELCHE ERGEBNISSE LIEFERT SIE?
Manche Aussagen von ChatGPT sind perfekt formuliert und wirken sehr professionell. Lässt man sich ein Gratulationsschreiben erstellen, unterscheidet das Programm sogar, ob es an eine gute Freundin geht oder an den Geschäftspartner. Es gibt aber auch Unsinn: Etwa die Aussage, dass der Elefant das größte eierlegende Säugetier sei. Die Eier hätten einen Durchmesser von 20 cm und seien mehr als 2 kg schwer. Solche Patzer kommen vor, weil ChatGPT die menschliche Sprache und Kommunikation zwar sehr gut imitiert, die Inhalte an sich aber nicht versteht.
Das Programm lernt durch Zeichenabfolgen und kann dadurch etwa Sätze vervollständigen. Dieses „Wissen“ wird vielfach verknüpft und ChatGPT produziert einen Text für uns, der statistisch am ehesten zu der gemachten Eingabe passt. Vereinfacht gesagt: ChatGPT versucht sich als Hellseher. Die wahrscheinlichste Möglichkeit wird als Ergebnis präsentiert. Manchmal scheint die Glaskugel des Bots getrübt zu sein – es kommt zu unterhaltsamen, doch unhaltbaren Behauptungen.
Der Grund dafür liegt jedoch nicht immer beim Programm. Ist die Dateneingabe unvollständig oder falsch, kann die Maschine damit nichts anfangen. Das Problem sitzt dabei oft vorm Bildschirm: Bei Fragen zum PC etwa kann ChatGPT nicht wissen, welche Software, Version oder Sprache darauf installiert ist. Die Fähigkeit des Benutzers, mit den Stärken und Schwächen des Programms umzugehen und die Fragen richtig zu stellen, spielt bei der Bedienung eine Rolle. Wenn alles passt, arbeitet ChatGPT verblüffend gut. So hat bei Versuchen ein kritisches Gutachter-Team Texte der Maschine in über einem Drittel der Fälle nicht als solche erkannt. Selbst einer speziellen Erkennung für KI-Texte ging es genauso!
CHATGPT BEI DER ARBEIT
Textformulierungen sind die Stärke des Bots. Bilder nach Zielvorgaben wie „Male mir eine Landschaft mit Osterhase im Stil von van Gogh“ kann er nicht erschaffen. Das ist beispielsweise beim Programm Neuroflash möglich. Meist braucht es aber mehrere Versuche bis zum „gelungenen“ Kunstwerk. Die Aufforderung, was gemalt werden soll, muss in Neuroflash englisch sein. Bei der Anfrage in ChatGPT gab es kein Bild, aber eine passende, sich flüssig lesende Beschreibung wie es aussehen könnte.
Will man die KI als Lehrer oder PC-Helfer nutzen, bekommt man gemischte Ergebnisse. Eine Formel zur Summenberechnung in Excel war kein Problem. Man sollte ChatGPT jedoch mitteilen, dass man ein deutsches Excel verwendet. Sonst kann es passieren, dass Funktionen vorgeschlagen werden, die nicht existieren, weil sie in englischen Programmen anders heißen.
Auf die Frage, wie man eindeutige Werte aus einer Liste filtert, gab es fix die passende Formel. Aber es ist nicht gelungen, aus dem Bot eine Excelformel zur Berechnung des Nettopreises heraus zu kitzeln. Mehrfach wurden ähnliche oder gleiche Formelvorschläge präsentiert – alle falsch. Die Eingabe weiterer Details und Korrekturen der Anfrage änderten nichts. Der Weg über die Excelhilfe wäre wohl zielführender und flotter gewesen.
Word-Fragen wie nach dem Einsatz eines Wasserzeichens liefen besser, auch wenn das Vorgehen bzw. die Benennung der Registerkarten und Befehle nicht ganz überzeugte. Ein gefordertes Makro zum Ein- oder Ausschalten der Schnellzugriffsleiste sah auf den ersten Blick klasse aus, entpuppte sich aber als Flop, weil die Bezeichnungen im Programmcode nicht stimmten.
FAZIT
ChatGPT fasziniert mit seinen Anwendungsmöglichkeiten. Es liefert zum Teil beeindruckende Ergebnisse oder gibt mindestens Inspiration. Man sollte aber im Hinterkopf behalten, dass die KI unüberwacht dazu lernt und Quellen seiner Angaben nur bedingt zu prüfen sind. Fragt man direkt danach, gibt es keine eindeutige Antwort. Das macht es schwierig, die Richtigkeit der Aussagen zu prüfen oder gar Rechteverletzungen zu vermeiden. Die Technologie von ChatGPT aber hat das Zeug zum Gamechanger! Es scheint, sie wird vieles ändern (einschließlich unserer Sichtweisen) und manche Anwendung geradezu revolutionieren.